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Die Abstimmung im Bundesrat war ein spannungsgeladener Moment. Während einige Bundesländer auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses drängten, um Änderungen an der Reform zu erreichen, setzte sich letztlich eine knappe Mehrheit für das Vorhaben ein. Einige Bundesländer, darunter Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen, forderten zwar noch Nachbesserungen, stimmten jedoch gegen den Vorschlag, die Reform zu stoppen. Ein entscheidender Moment war die Entscheidung von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke, seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher zu entlassen, um im Bundesrat für die Reform stimmen zu können. Trotz dieser dramatischen Wendung konnte eine Mehrheit von 35 Stimmen für die Reform im Bundesrat erzielt werden – die Anrufung des Vermittlungsausschusses wurde abgelehnt. Damit ist der Weg für die Reform, die ab Anfang 2025 in Kraft treten soll, frei.

Die Krankenhausreform verfolgt das Ziel, die Struktur der deutschen Krankenhauslandschaft grundlegend zu ändern. Sie sieht vor, dass Krankenhäuser in 65 Leistungsgruppen eingeteilt werden, die jeweils klare Anforderungen an Personal, Ausstattung und technische Infrastruktur stellen. Nur Krankenhäuser, die diese Kriterien erfüllen, dürfen bestimmte Behandlungen und Eingriffe durchführen. Damit soll einerseits eine höhere Qualität der Versorgung erreicht und andererseits Über- und Unterversorgung in den Kliniken reduziert werden. Ein weiteres zentrales Element der Reform ist die Einführung einer sogenannten Vorhaltevergütung, die 60 Prozent der bisherigen Fallpauschalen ausmachen soll. Diese soll Krankenhäusern finanzielle Stabilität bieten, insbesondere jenen, die aufgrund der aktuellen Finanzierungssysteme wirtschaftlich in Schieflage geraten sind. Ziel ist es, die langfristige Versorgungssicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig auf wirtschaftliche Fehlentwicklungen zu reagieren. Die Reform zielt zudem auf die Förderung der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern, niedergelassenen Ärzten und Pflegeeinrichtungen ab, um die wohnortnahe Versorgung zu stärken und eine bessere Koordination der Behandlungen zu ermöglichen. Dies soll durch den Aufbau neuer Versorgungszentren geschehen, die stationäre, ambulante und pflegerische Leistungen unter einem Dach vereinen.

Die Krankenhausreform stellt einen Versuch dar, das überlastete und finanzielle angeschlagene Gesundheitssystem zu stabilisieren. Gesundheitsminister Karl Lauterbach betonte in seiner Rede im Bundesrat, dass ohne die Reform jedes Jahr Milliardenbeträge aus dem Gesundheitssystem fehlen würden. Schätzungen zufolge werden bis 2026 jährlich rund acht Milliarden Euro fehlen, wenn keine Änderungen an der Krankenhausstruktur vorgenommen werden. Der Transformationsfonds, der mit 50 Milliarden Euro ausgestattet ist, soll dabei helfen, die notwendigen Umstrukturierungen in den Krankenhäusern umzusetzen. Doch trotz dieser Notwendigkeit bleibt die Reform umstritten. Kritiker, darunter einige Bundesländer und Vertreter der Ärzteschaft, warnen vor den negativen Folgen der geplanten Änderungen. Besonders die Unikliniken und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) äußern Bedenken hinsichtlich der Durchführbarkeit und der Auswirkungen auf die Patientenversorgung. Die Reform könnte in ihrer jetzigen Form zu einer Verschlechterung der Versorgung führen, befürchten sie. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat Bedenken, dass die vorgesehenen Strukturvorgaben zu einer weiteren Zentralisierung führen könnten, die nicht immer im Sinne der Patienten ist.

Ein weiterer Streitpunkt ist die Finanzierung des Transformationsfonds. Dieser soll zum Teil aus dem Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenversicherung gespeist werden, was in der Vergangenheit zu heftigen Auseinandersetzungen geführt hat. Krankenkassen warnen vor steigenden Beitragssätzen, die durch diese Finanzierungsmethode auf die Versicherten zukommen könnten. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat bereits rechtliche Schritte angedroht, sollte die Reform wie geplant umgesetzt werden. Die politischen Auseinandersetzungen rund um die Reform könnten noch nicht zu Ende sein. Einige Bundesländer haben bereits angekündigt, rechtliche Schritte gegen die Reform einzuleiten, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung des Fonds. Auch eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht könnte nicht ausgeschlossen werden.

Quelle: aerzteblatt.de