Die Einführung zentraler Elemente der Krankenhausreform, insbesondere die Zuweisung von Leistungsgruppen (LG) an die Kliniken durch die Länder, wird sich voraussichtlich um knapp ein Jahr verschieben. Das bestätigte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Statt wie ursprünglich vorgesehen ab 2027 soll die Vorhaltevergütung nun ab 2030 ihre volle Wirkung entfalten. Der Grund: Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Verlängerung der Konvergenzphase auf drei Jahre (2027–2029) erfordert eine Anpassung sämtlicher Fristen – inklusive der LG-Meldungen der Länder an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Damit könnten auch die bundesweiten Krankenhauspläne auf Basis der neuen LG-Logik erst deutlich später greifen. Einige Länder – etwa Brandenburg, Sachsen oder Niedersachsen – sind bereits aktiv in den Planungsprozess eingestiegen. Andere, wie Schleswig-Holstein, warten auf finale bundeseinheitliche Vorgaben. Die neue Frist gibt allen Ländern nun mehr Spielraum, auch wenn das BMG betont, dass niemand auf die verlängerte Frist angewiesen sei. Gleichzeitig fordern mehrere Bundesländer in einem gemeinsamen Positionspapier (u.a. NRW, Bayern, BW, Hessen) weitere Änderungen:
- Längere Fristen für den Medizinischen Dienst (MD), der die Qualitätsvoraussetzungen für LG prüfen soll
- Mehr Ausnahmeregeln bei Mindestvorhaltezahlen und Kriterien – z. B. aufgrund von Demografie oder Topografie
- Mitspracherechte bei sektorenübergreifenden Einrichtungen
- Eigene Definitionen für Fachkliniken
Insbesondere Nordrhein-Westfalen, das mit seinem neuen Landeskrankenhausplan bereits vorgeprescht ist, fordert eine Übergangsregelung bis 2030, um nicht erneut in einen vollständigen Planungsprozess gezwungen zu werden. Während die Länder auf mehr Planungsfreiheit drängen, kommt Kritik von anderer Seite: Die Universitätskliniken, vertreten durch den Verband VUD, warnen vor zu vielen Sonderregeln und einem drohenden Flickenteppich. Gerade Mindestvorhaltezahlen und bundeseinheitliche Qualitätskriterien seien essenziell, um Gelegenheitsversorgung zu vermeiden und medizinisch komplexe Leistungen in erfahrenen Einrichtungen zu konzentrieren. Die Fristverschiebung schafft zunächst mehr Umsetzungsrealismus für die Bundesländer – auch mit Blick auf die komplexe Abstimmung zwischen Planung, Prüfung und Vergütung. Gleichzeitig zeigen die aktuellen Diskussionen: Der Spannungsbogen zwischen Einheitlichkeit und regionaler Flexibilität bleibt bestehen. Wie sich die Krankenhausreform letztlich ausformt, wird maßgeblich davon abhängen, ob und wie schnell bundeseinheitliche Kriterien mit praktischen Spielräumen in Einklang gebracht werden können. Ein Jahr mehr Zeit kann helfen – wenn es für eine konsequent strukturierte Umsetzung genutzt wird.
Quelle: aerzteblatt.de