Der Gesundheitssektor ist in den letzten Jahren zunehmend auch in den Fokus von Private-Equity-Unternehmen gerückt. Eine Metastudie im British Medical Journal versucht nun, die Entwicklung im internationalen Maßstab aufzuschlüsseln und kommt zu dem Schluss: Die Auswirkungen sind enorm, können für Patienten kostspielig sein und haben großteilig negative Auswirkungen auf die Versorgungsqualität.
Für die Metastudie wurden 55 empirische Studien ausgewertet, die Veränderungen in Schweden, Großbritannien, der Türkei, den Niederlanden, Kanada, Norwegen und Deutschland untersuchten. Allerdings kommt der Großteil der Studien aus den Vereinigten Staaten, sodass die Autoren bei Verallgemeinerungen zur Vorsicht mahnen. Nichtsdestotrotz gelangen sie zu dem Schluss, dass die robuste Datengrundlage eine zukünftige Überwachung, Berichterstattung und möglicherweise eine Regulierung des Einflusses von Private Equity Unternehmen im Gesundheitssektor verlangt.
Die BMJ-Studie ergab außerdem, dass Private-Equity-Firmen häufig über sogenannte „Anker Investitionen“ in fragmentierte Märkte einstiegen. Das heißt, es wird eine erste „Plattformpraxis“ gekauft, um anschließend weitere in der Region zu erwerben. „Eines der charakteristischen Merkmale von PE-Investitionen ist, dass die Firmen die direkte Managementaufsicht über die erworbenen Organisationen übernehmen und oft Änderungen vornehmen, um die Bewertung und das zukünftige Gewinnpotenzial zu erhöhen.“ Allerdings zeigen die Ergebnisse deutlich, dass dies häufig mit erhöhten Kosten für Patienten und Kostenträger verbunden ist. Im Rahmen der Buy-and-Build-Strategie werden Aktivitäten eingekauft, für maximalen Gewinn gekürzt und auf einer einzigen Kostenstelle gebündelt. Nach etwa fünf bis acht Jahren sind sie oft hoch verschuldet und stehen kurz vor der Insolvenz – und so wird ein Einkommen erwirtschaftet.
Die Studie füllt derzeit eine Lücke in der aktuellen Literatur zum PE-Eigentum im Gesundheitssektor. Es gilt jedoch in Zukunft weitere Muster zu identifizieren und die Auswirkungen vor allem länderspezifisch genauer zu untersuchen, denn die aktuelle Studie unterscheidet zudem nicht zwischen Minderheits- oder Mehrheitseigentum und den Auswirkungen auf Rentabilität, Verschuldung, Insolvenzrisiko oder Produktivität.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte bereits Ende Dezember angekündigt, er wolle verhindern, dass diese „Heuschrecken“ in die Arztpraxen eindringen. Doch vor allem die Bundesländer sind aktiv geworden: Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben dem Bundesrat im Mai einen Erlassvorschlag zur „Schaffung eines Gesetzes zur Kostenstellenregulierung“ vorgelegt. „Zentralisierte Prozesse“ und „proprietäre Tendenzen“ müssen „begrenzt“ und die Unabhängigkeit des medizinischen Betriebes an der Kostenstelle vor „Kapitalgewinnen“ geschützt werden.
Quelle: DAZ