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Über 60 % der Deutschen tragen inzwischen regelmäßig eine Brille, um ihre Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Seit 2004 gehört die Brille allerdings nicht mehr in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Die Begründung für diesen Beschluss besteht darin, dass eine Fehlsichtigkeit nicht als Krankheit gilt. Nur in Einzelfällen, etwa bei therapeutischen Sehhilfen infolge von Augenverletzungen- und erkrankungen oder bei einer schweren Sehbeeinträchtigung haben Versicherte weiterhin einen Leistungsanspruch.

Im nicht erstattungsfähigen Korrekturbrillensegment sorgt seit einiger Zeit ein Kooperationsmodell des Online-Brillenhändlers Mister Spex mit stationären Optikern für Aufmerksamkeit. Vor gut einem Jahr hat das Start-Up Unternehmen das Partnerprogramm zunächst mit 30 Filialen vor allem in Ballungsräumen gestartet – inzwischen vermeldet das Unternehmen seinen 200sten Partneroptiker. Mittelfristig soll das Kooperationsmodell auf deutschlandweit 300 bis 500 Partner anwachsen und auch inhaltlich weiterentwickelt werden.

Idee der Partnerschaft ist es, den Befürchtungen der Kunden hinsichtlich einer fehlenden Beratung beim Online-Kauf durch die Möglichkeit einer späteren Anpassung beim Optiker zu begegnen. Vorteil für die Kunden: Zeit- und Geldersparnis des Internet-Shops und persönlicher Service vor Ort. Das Konzept setzt auf die Partneroptiker vor Ort, die dann entsprechende Dienstleistungen wie Sehtest und Brillenanpassung übernehmen. Vorteil für die Optiker: Diese können durch die Zusammenarbeit an dem Wachstum des Onlinehändlers in Form einer Umsatzbeteiligung profitieren.

Das Marktpotential dieser Multi-Kanal-Strategie schätzt Dirk Graber, Gründer und Geschäftsführer von Mister Spex, als enorm ein: Das Umsatzpotenzial eines Multi-Channel-Konzeptes bei Korrektionsbrillen sei drei- bis viermal so hoch ist wie bei einem reinen Internetmodell. Daher sei ein Marktanteil an dem Korrekturbrillensegment für sein Unternehmen von 20 bis 25 Prozent möglich. Diesen wird sich Mister Spex allerdings mit Wettbewerbern wie Brillen.de oder Brille24 teilen müssen, die mit Strategien vom eigenen Filialnetz bis hin zum reinen Direktvertrieb ebenfalls um die Gunst der Brillenträger buhlen. Das Ergebnis des Optiker-Partnerprogramms ist jedenfalls vielversprechend: Den Umsatz mit Korrektionsbrillen im ersten Halbjahr 2012 habe man im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifacht.  

Für die Akteure auf dem Hilfsmittelmarkt könnte sich die Frage stellen, ob ein derartiges Kooperationsmodell auch bei ausgewählten Hilfsmitteln funktioniert? Hierbei stellt sich die Frage, ob auch beratungsintensivere Hilfsmittel im Rahmen einer Partnerschaft mit Vertretern des medizinischen Fachhandels vertrieben werden könnten.