Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) hat am 17. Februar 2014 den Piloitbetrieb für das neue Informationssystem Versorgungsdaten gestartet. Mit diesem System werden besonders der Versorgungsforschung neue Möglichkeiten geboten, indem die Daten der Krankenkassen gebündelt und zur Analyse nutzbar gemacht werden. Somit werden erstmals Versorgungsdaten sämtlicher gesetzlicher Krankenkassen gesammelt und ausgewertet, um dadurch die Qualität der Versorgung zu erhöhen oder beispielsweise die Planung der Leistungsressourcen zu verbessern. Das Informationssystem wird unter anderem ambulante und stationäre Diagnosen sowie Daten zu ambulant verordneten und abgerechneten Arzneimitteln nutzen, um sie der Versorgungsforschung zugänglich machen. Das DIMDI ist eine nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums für Gesundheit und wurde 1969 mit Sitz in Köln gegründet. Zu seinen Aufgaben gehört es, der fachlich interessierten Öffentlichkeit aktuelle Informationen aus dem gesamten Gebiet der Medizin einfach und schnell zugänglich zu machen.
Bereits seit längerem liefern die Krankenkassen dem Bundesversicherungsamt (BVA) jährlich pseudonymisierte Daten für den morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA). Gemäß der Datentransparenzverordnung vom 10. September 2012 wird es nun mit dem DIMDI-Informationssystem einem definierten Nutzerkreis ermöglicht, diese Daten zu analysieren. Derzeit liegen dem DIMDI die Daten der Ausgleichsjahre 2009 und 2010 vor. Die Datenbereitstellung soll dann schrittweise erweitert werden, sodass auch pseudonymisierte Einzeldaten von den Berechtigten analysiert werden können. Einzelne Versicherte sollen laut dem DIMDI allerdings nicht identifizierbar sein. Zu dem Kreis der Berechtigten gehören unter anderen Einrichtungen der Krankenkassen, der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), Interessenvertretungen von Patienten und Leistungserbringern auf Bundesebene sowie Institutionen der Forschung und Gesundheitsberichterstattung. Wer Daten für welchen Zweck erhalten darf, regelt das Gesetz (§§303a bis 303e SGB V). Nur darin genannte Einrichtungen können die Versorgungsdaten beim DIMDI nutzen.
In der Pilotphase können Berechtigte zunächst lediglich beantragen, dass die Datenaufbereitungsstelle des DIMDI Analysen mit SQL-Programmen durchführt, welche die Berechtigten selbst anhand des Beispieldatensatzes entwickelt haben. Ergänzend dazu wird die Datenaufbereitungsstelle im Laufe des 2. Quartals 2014 anbieten, die Daten entsprechend einer vom Antragsteller formulierten Fragestellung auszuwerten. Finanziert wird das Informationssystem durch die gesetzlichen Krankenkassen. Für die Aufbereitung der Daten durch das DIMDI werden Nutzungsgebühren anfallen. Die Gebührenverordnung arbeitet derzeit das Bundesministerium für Gesundheit aus. Für das kommende Jahr ist geplant, die Verfahren des Informationssystems zu evaluieren. Schon im Vorfeld steht das DIMDI daher auch mit den (potentiellen) Nutzern in regem Austausch. So wurde das System Ende Januar ausführlich beim TMF-Forum Versorgungsforschung vorgestellt (Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V.). Die Veranstaltung wird aufgrund der großen Nachfrage am 25. März wiederholt. Ein weiteres TMF-Forum im Herbst wird dazu dienen, gemeinsam die Erfahrungen der ersten Anträge zu diskutieren.
Experten gehen davon aus, dass mit der Sekundärnutzung der GKV-Routinedaten zwar generell eine bessere Planung und Steuerung im Gesundheitswesen möglich sein werde. Doch für die wissenschaftliche Auswertung ist noch eine Reihe methodischer Fragen zu klären. Dies betrifft unter anderem die Frage der Datenqualität, da noch nicht alle Umstände des Erhebungskontextes der Daten bekannt sind. Ebenso wurden die Daten primär für administrative Zwecke erhoben. Dr. Ingrid Schubert von der PMV-Forschungsgruppe an der Universität Köln ist deswegen der Ansicht, dass die Interpretation der Ergebnisse vor dem Hintergrund der Stärken und Schwächen der Daten und der Methodik erfolgen müsse und Wissenschaftler sorgfältig prüfen müssten, welche Aussagen anhand dieser Datensätze überhaupt möglich seien. Weitere wichtige Daten, die auf der Wunschliste mancher Experten stehen, sind zum Beispiel die Angabe des diagnosestellenden Arztes, die eine Aufschlüsselung nachFacharztgruppen ermöglichen würde, und das ambulante Konsultationsdatum. Bei den Arzneimitteldaten umfasst die DaTraV-Datenlieferung nur die verschreibungspflichtigen Medikamente aus dem ambulanten Bereich. Nicht enthalten sind beispielsweise Angaben zu OTC- und Lifestyle-Präparaten sowie zur Krankenhausmedikation.