Seite wählen

Künftig müssen Vertragsärzte, die der Bestechlichkeit überführt werden, mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren rechnen. Bisher waren sie durch eine Gesetzeslücke geschützt. Nach dem Willen der großen Koalition soll diese Sonderbehandlung schon Anfang 2015 Geschichte sein. Eine entsprechende Gesetzesänderung will Heiko Maas, Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz, im Januar auf den Weg bringen. Ein erster Vorstoß für eine Neuregelung des Antikorruption-Gesetzes im Gesundheitswesen war unter der schwarz-gelben Regierung noch gescheitert.

Bisher gilt für Kassenärzte nur das Berufs-, nicht aber das Strafrecht. Sie haben per Gesetzgebung noch eine spezielle Position inne, die durch ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Patienten geprägt ist. Sie sind damit weder von der Krankenkasse bestellt und daher keine Amtsträger, noch handeln sie als deren Beauftragte. Für Korruptionstatbestände fehlt ihnen also die besondere rechtliche Stellung. Bisher sind nur Klinikärzte von dieser Sonderregelung ausgenommen.  Christian Lange, parlamentarischer Staatssprecher der Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz: „Der Beschluss des Bundesgerichtshofs im Jahr 2012 war eindeutig: Niedergelassene Vertragsärzte fallen nicht unter die derzeit geltenden Regelungen der Bestechlichkeit – und die Geberseite damit nicht unter die der Bestechung, wenn sie Zuwendungen von Pharmaunternehmen für die Verordnung bestimmter Medikamente annehmen.“ Und auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Karl Lauterbach forderte am Donnerstag (11. Dezember) gegenüber der „Bild“: „Wir müssen diese Gesetzeslücke schließen, um wirksam gegen korrupte Kassenärzte vorgehen zu können.“ Heiko Maas betont: „Egal ob Kassen- oder Privatpatient – jeder Kranke hat Anspruch auf eine Behandlung, bei der es allein um seine Gesundheit geht. Und nicht um die Bereicherung derer, die ihn behandeln. Korruption darf in keiner Praxis und keinem Krankenhaus ein Platz haben. Auf dem Spiel steht am Ende die Gesundheit der Patienten. Deswegen müssen wir hier besonders konsequent sein. Ich werde noch im Januar 2015 ein Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen auf den Weg bringen.“

Mit der geplanten Gesetzesnovelle soll das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Vorhaben, der Korruption den Kampf anzusagen, umgesetzt werden. Bereits im September fand unter dieser Prämisse im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) zur Vorbereitung eines Gesetzesentwurfs zur Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen ein Fachforum statt. Vertreter unterschiedlicher Heilberufsgruppen, der Pharmaindustrie und Strafverfolgungsbehörden diskutierten über mögliche Eckpunkte eines zukünftigen Anti-Korruptions-Gesetzes. Das Ministerium gab an, betroffene Verbände und Gruppen frühzeitig in die Gesetzgebung einzubinden.Doch wie belastbar, weitreichend und wirksam ist ein Gesetz, bei dem die betroffenen Gruppen in den Gesetzgebungsarbeiten mitwirken? Es stellt sich die Frage, ob nicht die Gefahr besteht, dass hier mit der Beteiligung der Interessenvertreter aus dem Gesundheitswesen Klientelpolitik betrieben wird und als Ergebnis nur ein verwässertes Gesetz durchgewunken wird. So wurde bereits bekannt, dass sich die Teilnehmer des Fachforums dagegen ausgesprochen haben, Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung für den neu zu schaffenden Straftatbestand einzusetzen. Zweifelsohne muss verhindert werden, dass durch die Gewährung von Vorteilen das Patientenwohl in den Hintergrund rückt. Zu häufig wurden Fälle bekannt, in denen Ärzte für den Einsatz bestimmter, häufig teurer, Medikamente von den Pharmaunternehmen hohe Vergütungen oder sonstige Anreize angeboten wurden.