Pflege ist ein harter Job, der Fachkräftemangel macht ihn nicht unbedingt leichter. Die Situation wird sich mit allergrößter Wahrscheinlichkeit in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verschärfen, da aufgrund des demografischen Wandels immer mehr Menschen auf Pflege angewiesen sein werden. Experten prognostizieren, dass im Jahr 2050 bis zu 4,5 Mio. Menschen in Deutschland pflegebedürftig sein werden. Nicht jeder davon wird von Angehörigen oder ambulanten Pflegediensten versorgt werden können, schon heute wird rund ein Drittel der Pflegebedürftigen stationär gepflegt.
Bären tragen Pflegebedürftige
Da, nicht nur aus finanziellen Gründen, nicht von einem Moment auf den nächsten genügend Pflegepersonal eingestellt werden kann, um den Fachkräftemangel zu beseitigen, lautet die Fragestellung: Wie kann man dem derzeit bestehenden Mitarbeiterstab die Arbeit erleichtern? Als ein Lösungsansatz werden die inzwischen immer häufiger genutzten IT-Anwendungen gehandelt. Darüber hinaus wird seit Jahren aber auch an Robotern, die verschiedene Aufgaben der Pflegekräfte übernehmen sollen, getüftelt und geforscht. Die Forscher versprechen sich durch die Roboter einen verminderten Personalaufwand für pflegeferne Tätigkeiten, also Dienstleistungen wie Essensausgabe, Dokumentation etc. So soll das (menschliche) Personal mehr Zeitressourcen haben, um sich auf die eigentliche Pflege am Patienten konzentrieren zu können.
Ein weiteres Einsatzgebiet für Roboter könnte aber auch die Pflege selbst sein. Aus Japan wurde ein Roboter-Prototyp bekannt, der Pflegebedürftige aus dem Bett heben soll, um so die Pflegenden zu entlasten. Der experimentelle Krankenpflegeroboter Robear kann mit einem Tablet gesteuert werden und hebt Patienten beispielsweise vom Bett in den Rollstuhl. Der Roboter ist eine Entwicklung des japanischen Unternehmens Riken. Japan ist mit einem Altersdurchschnitt von 46,5 Jahren das zweitälteste Volk der Welt und hat daher einen dringenden Bedarf an Lösungen, die dem Pflegepersonal die Arbeit erleichtern. Gerade körperlich anstrengende Arbeiten wie das Heben der Pflegebedürftigen sollen durch Roboter übernommen werden. Nach Angabe von Riken sind derzeit aber noch keine Robear-Pflegeroboter im Praxiseinsatz.
Care-O-bot – Ein Roboter und Gentleman
In Deutschland konzentriert sich die Roboterforschung eher auf den Servicebereich. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) hat einen interaktiven Haushaltsassistenten, den so genannten Care-O-bot entwickelt. Dieser nimmt beispielsweise Getränke- und Snackbestellungen auf und serviert diese anschließend. Zusätzlich kann er typische Haushaltsgegenstände erkennen, greifen und sich mit den Menschen austauschen. So soll er Menschen im häuslichen Umfeld, quasi als Butler, unterstützen. Inzwischen existieren mehrere Versionen des Assistenzroboters. Das Fraunhofer IPA spricht einen wichtigen Punkt an, der für die Akzeptanz derartiger Systeme unabdingbar ist: Soziale Umgangsformen der Roboter entscheiden darüber, wie Menschen über den Einsatz denken. Für die Entwicklung von Care-O-Bot wurden daher soziale Rollenbilder zugrunde gelegt. Das Institut bezeichnet die neueste Generation des Care-O-bot, die entfernte Ähnlichkeit mit der Disney-Figur Wall-E aufweist, als zuvorkommend, freundlich und sympathisch „wie ein Gentleman“.
Bisher befindet sich aber auch in Deutschland noch kein Roboter für die direkte Pflege im Praxiseinsatz. Allerdings heißt es: Was möglich ist, wird auch gemacht. Daher ist in diesem Fall nicht die Frage, ob Roboter flächendeckend in der Pflege eingesetzt werden, sondern wann. Der Gedanke ist für viele sicherlich beängstigend. Besonders der Gedanke, dass Roboter in Zukunft mit künstlicher Intelligenz ausgestattet werden könnten, lässt unwillkürlich Erinnerungen an Science-Fiction-Filme aufkommen. Brauchen wir am Ende gar Asimovs Robotergesetze? Nun, so weit wird es zumindest in absehbarer Zukunft nicht kommen. Ebenfalls in weiter Ferne liegt die Vorstellung, dass Roboter Pflegepersonal komplett ersetzen. Es ist sowieso unwahrscheinlich, dass das jemals gewünscht wird. Wahrscheinlich ist allerdings, dass Roboter das vorhandene Pflegepersonal bei bestimmten Aufgaben entlasten, seien es kleinere Dienstleistungen wie die Essensausgabe bis hin zu Routineaufgaben wie der Dokumentation. Bei einem derartigen Einsatz ist es nicht abwegig, dass Roboter dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Das Pflegepersonal hat dadurch mehr Zeit, sich auf die wirkliche Pflegetätigkeit zu konzentrieren.
Möglicherweise können durch Roboter als Nebeneffekt auch die Ausgaben der Pflegekasse stabilisiert oder sogar teilweise gesenkt werden. Die Anschaffungskosten werden zwar vermutlich hoch sein, können jedoch durch niedrige Betriebskosten bei gleichzeitig hohem Nutzen amortisiert werden. So können Pflegeroboter ein Schritt von vielen sein, die Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung nicht aus dem Ruder laufen zu lassen.