Trotz anhaltender Bemühungen, Ausgaben im Gesundheitswesen einzusparen, steigen diese rasant weiter. Inzwischen liegt der Anstieg sogar höher als das Wirtschaftswachstum. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Gesundheitsausgaben 2012 erstmalig die 300-Milliarden-Euro-Grenze. Sie lagen mit insgesamt 300,4 Mrd. Euro um 6,9 Mrd. Euro bzw. 2,3 Prozent höher als noch im Jahr zuvor. Damit entfiel auf jeden Einwohner ein Anteil von gut 3,740 Euro. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von 11,2 auf 11,3 Prozent. Der Anstieg ist auf ein geringeres Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig stärkerem Anstieg der Ausgaben zurückzuführen. Weltweit liegt Deutschland was den Anteil der Ausgaben am BIP angeht auf dem vierten Platz nach der Schweiz (11,4 Prozent), Frankreich (11,6 Prozent) und den USA (16,9 Prozent).
Wirtschaftskrise ließ Gesundheitsausgaben schrumpfen
Insgesamt verlangsamte sich das Wachstum der Gesundheitsausgaben durch die Wirtschaftskrise in nahezu allen OECD-Ländern seit 2008. Nachdem zuvor das Wachstum nicht selten die vier-Prozent-Marke knackte, wuchsen die Ausgaben zwischen 2009 und 2011 lediglich um 0,2 Prozent. Es überrascht nicht, dass Länder wie Griechenland und Irland, die von der Krise am härtesten getroffen wurden, die Gesundheitsausgaben dabei am stärksten zurückfuhren. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP sank dort von 11,1 auf 6,6 Prozent.
Gleichzeitig wurden die Ausgaben für Präventionsmaßnahmen europaweit seit 2009 kontinuierlich zurückgefahren. Kurzfristig sank dadurch zwar die finanzielle Last im Gesundheitssystem, mittel- und langfristig wirken sich die Kürzungen allerdings negativ auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung aus. Es zeigte sich bereits, dass beispielsweise in Griechenland die HIV-Rate unter Drogenabhängigen seither gestiegen ist. Dieses und viele weitere Beispiele veranschaulichen, dass eine falsche Steuerung des Gesundheitswesens und eine Konzentration auf kurzfristige Kostensenkungen finanzielle Folgen haben. Wohl auch deswegen will der Gesetzgeber in Deutschland wieder verstärkt darauf setzen, dass die Bevölkerung gesünder altert, und auf diesem Wege die Kosten kontrollieren.
Prävention als Lösung?
Am 18. Juni dieses Jahres wurde daher das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz) vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Dieses soll die Gesundheitsförderung im direkten Lebensumfeld stärken, Früherkennungsuntersuchungen weiterentwickeln und den Impfschutz verbessern. Ziel ist es, Krankheiten zu vermeiden, bevor sie entstehen. Dafür sollen Kranken- und Pflegeversicherung künftig mehr als 500 Mio. Euro investieren. Zuständig für die Umsetzung sind die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), die gesetzliche Unfallversicherung, die Soziale Pflegeversicherung sowie Unternehmen der privaten Krankenversicherung. Diese stehen dem Gesetz eigenen Angaben zwar grundsätzlich positiv gegenüber, kritisierten allerdings, dass sie für die Kosten aufkommen sollen. Prävention und Gesundheitsförderung seien Gemeinschaftsaufgaben, daher müssten die Kosten auf alle Schultern gerecht verteilt werden. Verbände warnten eindringlich, dass durch das Präventionsgesetz eine neue Kostenlawine auf die Sozialkassen zurolle. Auch der Umstand, dass über die GKV-Beiträge die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, eine Bundesbehörde, finanziert werden soll, fand wenig Anklang.
Dass Prävention und Gesundheitsförderung nicht zum Nulltarif zu haben sind leuchtet ein. Dabei darf, gerade auch angesichts des demografischen Wandels, indes nicht ignoriert werden, dass diese Investitionen sich langfristig auszahlen können. Gesunde Bürger kosten die GKV weniger, sie fallen seltener beruflich aus und sind im besten Fall produktiver und seltener von Armut betroffen. Die Sozialversicherungsträger könnten insbesondere Kosten für die Behandlung sogenannter Zivilisationskrankheiten einsparen, die auf einen ungesunden Lebenswandel zurückzuführen sind.
Investieren um zu sparen – Dies ist erfolgsversprechender als ein rigides Sparprogramm, welches immer weiter Leistungen kürzt. Die Herkunft der dafür aufgewendeten Mittel ist allerdings problematisch. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) äußerte jüngst, dass die Kosten Sozialversicherung in Deutschland unnötig hoch seien. Versicherungsfremde Leistungen wie eben die Prävention sollten daher aus Steuergeldern finanziert werden, gleichzeitig die üppigen Reserven im Gesundheitsfonds dafür verwendet werden, um weitere Kostensteigerungen in der GKV zu verhindern.
http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/social-issues-migration-health/health-at-a-glance-2013/editorial-from-expenditure-growth-to-productivity-growth-in-the-health-sector_health_glance-2013-2-en#page4