Die Pharmabranche steht durch den schnellen Fortschritt ständig unter Druck, neue Produkte zu entwickeln. Die hohen Entwicklungskosten eines neuen Arzneimittels erfordern jedoch eine gewisse Unternehmensgröße bzw. genügend Kapital. Um Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen oder zu erhalten, ist seit Jahren eine umfassende Konsolidierung auf dem Pharmamarkt zu beobachten. Durch Zusammenschlüsse und Übernahmen sinkt die Anzahl von Pharmaherstellern kontinuierlich. Die derzeit größten Konzerne sind so entstanden. Dabei haben die zehn größten global aufgestellten Pharmakonzerne in den vergangenen dreißig Jahren ihren Marktanteil mehr als verdoppelt.
Brüssel: Pfizer und Hospira müssen Marktmacht abgeben
Übernahmen und Fusionen bringen den beteiligten Unternehmen beachtliche Wettbewerbsvorteile, können aus marktpolitischer Perspektive aber problematisch sein, wenn das neu entstehende Unternehmen zu viel Marktmacht erhält. In diesem Fall schreiten Wettbewerbshüter in Form von Kartellbehörden oder EU-Kommission etc. ein. So geschehen bei der aktuellen Übernahme von Hospira durch Pfizer. Pfizer war lange Zeit der größte Pharmakonzern der Welt, wurde im Jahr 2012 allerdings vom Schweizer Konzern Novartis abgelöst. Im Februar wurde bekannt, dass Pfizer den Konkurrenten Hospira übernehmen wird. Nun erteilte die EU-Kommission die Freigabe, wenn auch nicht uneingeschränkt. Um wettbewerbliche Bedenken zu entkräften, legte sie strenge Auflagen für die Unternehmen fest.
Rund 17 Mrd. Dollar wird Pfizer für Hospira zahlen. Dafür erhält der Pharmakonzern deutlich mehr Marktmacht, was die EU-Kommission auf den Plan rief. Diese befürchtete, dass durch den Zusammenschluss ein Monopol entstehen könnte. Beide Unternehmen entwickeln und vertreiben unter anderem Biosimilars und sterile injizierbare Arzneimittel. Die Überschneidung in diesen Bereichen könnte dazu führen, dass das aus der Transaktion hervorgehende Unternehmen keinem ausreichenden Wettbewerbsdruck mehr ausgesetzt wäre, so die Befürchtung. Dies könne zu Preiserhöhungen oder der Einstellung der Entwicklung bestimmter Arzneimittel führen. Daher legte die Kommission ein Paket von Verpflichtungen vor.
Um die endgültige Zusage für die Transaktion zu erhalten, verpflichten sich Pfizer und Hospira, die Bereiche Biosimilars und sterile injizierbare Arzneimittel veräußern. Hospira stellt ein Biosimilar des Biopharmazeutikums Infliximab (Handelsname Remicade, Hersteller Merck) her, welches bei Autoimmunkrankheiten, beispielsweise Morbus Crohn, eingesetzt wird. Dieses erhielt 2013 die Zulassung. Infliximab zählt zu den drei meistverkauften Arzneimitteln der Welt. Pfizer entwickelt derzeit ebenfalls ein äquivalentes biotechnologisches Arzneimittel. Die EU-Kommission befürchtet, dass Pfizer nach der Übernahme entweder die Entwicklung verzögert oder einstellt und sich auf das von Hospira entwickelte Biosimilar konzentriert. Beides würde den Wettbewerb zu Infliximab deutlich beeinträchtigen. Im Bereich steriler injizierbarer Arzneimittel verfügen sowohl Pfizer als auch Hospira über große Marktanteile. Ein Zusammenschluss würde dazu führen, dass die wenigen auf diesem Markt verbleibenden Wettbewerber sich kaum noch gegen Pfizer und Hospira durchsetzen könnten.
Gewinnerwartung trotz Abspaltung
Ein potentieller Käufer für die beiden Unternehmensbereiche ist derzeit nicht bekannt. Es dürfte allerdings nicht allzu schwierig sein, Interessenten zu finden, denn sowohl Biosimilars als auch der Bereich Onkologie sind aufstrebende, gewinnversprechende Sparten. Gerade im Bereich Biopharmazeutika und Biosimilars findet aktuell ein Umbruch statt: Der Patentschutz für zahlreiche biologisch hergestellte Arzneimittel läuft aus, damit wird der Weg für Biosimilars, also Nachbildungen von biopharmazeutischen Originalmedikamenten, frei. Die Vorteile liegen auf der Hand: Für die Gesundheitssysteme sind Biosimilars eine günstigere Alternative zu den teuren Originalmedikamenten. Sie können einerseits dazu beitragen, die Arzneimittelausgaben zu senken und andererseits, mehr Menschen Zugang zu den hochwirksamen Therapien zu gewähren. Damit wären sie ein wichtiges Element im Kampf gegen Versorgungslücken. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) wies kürzlich darauf hin, dass Biosimilars nach der Zulassung genauso eingesetzt werden können wie die Referenzprodukte. Die Erklärung umfasste dabei sowohl die Ersttherapie als auch die Umstellung von Patienten von Original-Biopharmazeutika auf Biosimilars. Die Pharmaunternehmen sparen bei Biosimilars einen Großteil der Entwicklungskosten, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß wie bei Generika.
Pfizer rechnet trotz der Auflagen mit einer Gewinnsteigerung schon im ersten Jahr. Hospira zeigte im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres eine gute Performance. Die Hospira-Übernahme wird sicherlich nicht die letzte in diesem Jahr sein, denn Zukäufe sind ein relativ einfacher Weg, um Wachstum zu ermöglichen. Vor allem in den USA verfügen die Konzerne über große Barreserven für mögliche Übernahmen. Große Unternehmensberatungen wie KPMG rechnen daher damit, dass der Aufwärtstrend weiter anhält.