Seite wählen

Im Juli dieses Jahres zeigte sich die Healthcare-Branche erneut im Übernahmefieber und steigerte sich deutlich im Vergleich zum Vormonat. Dabei trugen vor allem die Mega-Deals der amerikanischen Versicherer wesentlich dazu bei, dass das Transaktionsvolumen auf 127 Deals (Juni: 104 Deals) und um 883 Prozent auf 166,6 Mrd. Dollar (Juni: 16,9 Mrd. Dollar) stieg.

Mega-Deal treibt Übernahmevolumen nach oben

Die Liste wird von der Übernahme von Cigna durch Anthem angeführt. Der amerikanische Krankenversicherer zahlte dafür 54,2 Mrd. Dollar. Auch Konkurrent Aetna machte durch eine milliardenschwere Übernahme von sich reden. Der Versicherer sicherte sich Humana für 37 Mrd. Dollar. Aetna erwartet eigenen Angaben zufolge durch die Übernahme und den damit verbundenen Zugewinn von Versicherten zum einen Synergieeffekte und zum anderen eine bessere Ausgangsposition bei den Verhandlungen mit Krankenhäusern und Ärzten. Dies könnte möglicherweise der Startschuss für eine durch Obamacare ausgelöste Übernahmewelle sein. Durch das Gesetz sei die Anzahl der Versicherten und damit der Kostendruck der Versicherer in den USA spürbar angestiegen.

Der Medizintechnik-Hersteller Smith & Nephew erhofft sich dagegen durch die Übernahme von DeOst mehr Marktanteile auf dem schwierigen russischen Markt. Ein Vertrauter des Unternehmens bestätigte im Zuge der Übernahme, dass das Geschäft in Russland seit 2005 wächst. Mit der Investition erhofft sich Smith & Nephew, diesen Vorteil weiter ausbauen zu können. DeOst vertreibt die Produkte von Smith & Nephew seit 2009 auf dem russischen Markt. Eine Erweiterung des eigenen Portfolios erhofft sich dagegen Medtronic mit der Übernahme des Medizinprodukteherstellers RF Surgical Systems. Dies lässt sich das Unternehmen rund 235 Mio. Dollar kosten. Mit den Produkten von RF und geplanten Neuentwicklungen soll die Patientensicherheit in einem Bereich erhöht werden, der wie ein Gespenst durch die Öffentlichkeit geistert: Vergessene OP-Instrumente in den Körpern von Patienten. Diese Fälle kommen leider immer noch sehr häufig vor. RF hat sich daher auf ein System spezialisiert, welches mit niederfrequenten Radiostrahlen chirurgische Schwämme, Tücher etc. aufspüren kann.

Im Bereich Sauerstofftherapie wurde im Juli die Übernahme von Caretouch durch Resmed bekannt. Der Hersteller von CPAP-Geräten wird die Caretouch-Produkte künftig rebranden und übernimmt das gesamte Team. Zum Kaufpreis wurden seitens der beteiligten Unternehmen keine Angaben gemacht. Auch über die Übernahmekonditionen von DeVilbiss Healthcare durch Drive Medical wurden keine Angaben veröffentlicht. Bekannt ist lediglich, dass beide Unternehmen zunächst getrennt voneinander operieren werden, bis die Integration beider Unternehmen in den USA vollzogen ist. Anschließend wird das daraus hervorgehende Unternehmen als Drive DeVilbiss Healthcare operieren, außerhalb der USA allerdings weiter als eigenständige Unternehmen tätig bleiben.

Pharma bleibt Vorreiter

Die größten Transaktionen waren aber erwartungsgemäß in der Pharmabranche zu verzeichnen. So übernahm der Generikahersteller Teva den Konkurrenten Allergan Generics für 40,5 Mrd. Dollar. Celgene übernahm Receptos für immerhin noch 7,2 Mrd. Dollar. Die Übernahmemeldungen reißen seither nicht ab. Erst kürzlich erhielt der Darmstädter Konzern Merck die endgültige Freigabe zur Übernahme von Sigma-Aldrich. Beide Unternehmen müssen allerdings Auflagen der Kartellbehörden erfüllen. Dazu zählt der Verkauf des europäischen Geschäfts für Lösungsmittel und anorganische Stoffe. Der jüngste Megadeal ist wohl die Übernahme von Hospira durch Pfizer. Bei beiden Unternehmen handelt es sich um Marktführer, die nun gemeinsam auftreten werden. Um kartellrechtliche Bedenken aus der Welt zu schaffen, müssen auch sie strenge Auflagen erfüllen. Dazu zählt die Abstoßung der beiden aufstrebenden Bereiche Biosimilars und sterile injizierbare Arzneimittel.

Beim Blick auf den Pharmamarkt ist der Trend zur Konsolidierung besonders deutlich zu erkennen. Während vor wenigen Jahren und Jahrzehnten noch zahlreiche Hersteller, auch mittlere und kleine Unternehmen, vertreten waren, ist die Branche heute vor allem durch große Konzerne geprägt. Die Zahl der Unternehmen hat gleichzeitig deutlich abgenommen. Im hart umkämpften Markt sind Zusammenschlüsse und Übernahmen die effektivste Methode, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Dies wird nicht zuletzt dadurch getrieben, dass die Entwicklungskosten für neue Arzneimittel immens sind und die Unternehmen dafür viele Jahre in Vorleistung treten müssen, bis letztendlich ein marktreifes Medikament entsteht. Die Kosten sind durch die Entwicklung von Biopharmazeutika noch einmal gestiegen. Im Bereich Generika dagegen sind die Entwicklungskosten zwar vernachlässigbar, allerdings sind die Margen auch deutlich kleiner als bei neuen, patentgeschützten Arzneimitteln. Diese Umstände werden dazu führen, dass Übernahmen, auch unter den Marktgrößen, weiter an der Tagesordnung bleiben.