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Man ist, was man isst. Dieses Sprichwort sollte Menschen mit dem sogenannten westlichen Ernährungsstil beunruhigen, denn dieser gilt verschiedenen Studien zufolge als Ursache von Krankheiten, schnellerem Altern sowie frühzeitigem Tod. Gesamtgesellschaftlich betrachtet rollen dadurch Jahr für Jahr immense Kosten auf das Gesundheitssystem zu. Eine jetzt veröffentlichte Studie beziffert diese Kosten auf mehrere Milliarden Euro.

Viele Krankheiten sind auf ungesunde Ernährung zurückzuführen

In Deutschland liegt der Verzehr von Zucker, Salz und gesättigten Fetten oft deutlich über den offiziellen Verzehrsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Dies fördert die sogenannten Zivilisationskrankheiten, die das deutsche Gesundheitssystem teuer zu stehen kommen. Eine jüngst veröffentliche Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenwerb (MLU) in Zusammenarbeit mit dem Biotechnologieunternehmen Brain AG kommt zu dem Schluss, dass dem deutschen Gesundheitssystem durch eine derartige ungesunde Ernährung Kosten von 16,8 Mrd. Euro entstehen. Die Arbeiten wurden im Rahmen der strategischen Allianz NatLife 2020 durchgeführt und teilweise vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „PLOS One“ veröffentlicht.

Studienautor Dr. Toni Meier von der MLU erklärt: „Die direkten Kosten von Krankheiten, die aufgrund eines Überverzehrs von Salz, Zucker und Fett entstehen können, sind substantiell. Ein deutliches Einsparpotential liegt jedoch auch in den bisher weniger beachteten Folgeerkrankungen und Folgekosten von Übergewicht und Diabetes. Diese reichen von der gewichtsbedingten Arthrose bis zu Schlafstörungen, Alzheimer und chronischem Nierenversagen.“

Zu gesund kann auch ungesund sein

Dass eine gesunde, ausgewogene Ernährung gesundheitsförderlich ist, ist kein Geheimnis. Es hat sich ein regelrechter Ernährungs- und Diät-Industriezweig entwickelt, der die verschiedensten Ernährungsstile propagiert, von vegetarisch über vegan hin zu Paleo. Dass es sich dabei nicht immer um wissenschaftlich bewiesene Konzepte, sondern vielmehr oft um Moden und Trends handelt, ist vielen nicht klar, ebenfalls nicht, dass manche Diäten und Ernährungsstile das Gegenteil von gesund sind. Dies trifft vor allem für solche Konzepte zu, die bestimmte Lebensmittel(gruppen) verbieten, beispielsweise die Atkins-Diät.

Die Kehrseite der Medaille ist Orthorexie, bei der die Betroffenen ein übermäßig ausgeprägtes Verlangen haben, sich möglichst gesund zu ernähren. Angelehnt an die Bezeichnung für Magersucht, Anorexia nervosa, wurde der Begriff Orthorexie erst 1997 eingeführt. Allerdings ist die Existenz eines solchen Krankheitsbildes umstritten und medizinwissenschaftlich (noch) nicht anerkannt.

Orthorexie beschreibt geradezu krankhafte Muster und Fixierungen im Umgang mit Essen. Bestimmte Lebensmittel werden nicht nur als gesund oder ungesund betrachtet, sondern darüber hinaus oft auch als moralisch gut oder schlecht kategorisiert. Dies kann dazu führen, dass die Auswahl der „erlaubten“ Lebensmittel immer kleiner und die Ernährung damit einseitiger wird. Gleichzeitig steigt der Leidensdruck für die Betroffenen. Die Grenzen zu einer Essstörung sind fließend, Mangelerscheinungen eine häufige Konsequenz. Es scheint, dass Ernährung für viele zur einer Art Ideologie oder gar Ersatzreligion geworden ist. Dazu mag der allgegenwärtige Druck, sich selbst zu optimieren, ein Stück weit beigetragen haben.

Unbestritten wirkt sich eine gesunde Ernährung auf die körperliche und geistige Gesundheit aus. Was genau dabei als gesund gilt und welche kleinen „Sünden“ verzeihlich sind, darüber scheiden sich leider die Geister. Die Studie der MLU bietet dennoch eine Orientierung, in welchen Bereichen vorbeugende Maßnahmen am effektivsten wirken. So könne generell die Zucker, Fett- und Salzmenge in verarbeiteten Lebensmittenl reduziert werden. Die Autoren gehen davon aus, dass allein dadurch das Gesundheitssystem um bis zu sechs Mrd. Euro entlastet werden könnte.