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Sind Menschen, die sich gut mit Gesundheitsthemen auskennen, gesünder? Nicht unbedingt, aber in punkto gesundheitsbezogener Lebensqualität haben sie die Nase vorn. Dies lässt sich aus einer Studie der Charité in Zusammenarbeit mit dem Pharmahersteller Pfizer ableiten. Es lohnt sich also, sich eingehender mit dem Thema Gesundheit zu befassen.

Nachhaltiges Gesundheitsmanagement braucht gutes Gesundheitswissen

Die repräsentative Umfrage „Pfizer Gesundheitsmonitor“ wurde in Form eines Wissenstests mit einer anschließenden Selbsteinschätzung durchgeführt. Mehr als 4.000 Personen ab einem Alter von 35 Jahren nahmen daran teil. Das Ergebnis: Die meisten verfügen über moderates Gesundheitswissen, insgesamt ist dies aber noch ausbaufähig. Laut der Studie sind die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern Deutschlands Gesundheitsspezialisten, dicht gefolgt von Sachsen, Thüringern und Sachsen-Anhaltinern. Schlusslichter waren Brandenburger und Bremer. Auch ein Wissensgefälle zwischen Alt und Jung war deutlich. Zwischen den Geschlechtern waren keine signifikanten Unterschiede auszumachen, dafür wissen Männer etwas besser über Krebs und Lungenerkrankungen Bescheid, Frauen kennen sich dafür besser mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Muskel-Skelett-Erkrankungen aus. Die Teilnehmer, die über das beste Gesundheitswissen verfügen, schätzen sich anschließend hinsichtlich der eigenen Gesundheit und Soziodemographie positiver ein.

Wissen über chronische Erkrankungen wird als wichtiges Instrument für ein nachhaltiges Gesundheitsmanagement eingeschätzt. Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft und Prodekanin für Lehre an der Charité: „Nur wenn die Menschen gut informiert sind, können sie im Krankheitsfall klar mit dem Arzt über ihre Beschwerden und Bedürfnisse sprechen.“ Und weiter: „Die Ergebnisse bestätigen unsere Erwartung, dass noch mehr für die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung getan werden muss.“

Mehr Gesundheitsangebote machen Menschen nicht gesünder

Die Studie von Pfizer und Charité ist nicht die erste, die den Deutschen mangelndes Gesundheitswissen bescheinigt. Das wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) kam schon 2014 zu dem Schluss, dass fast zwei Drittel der gesetzlich Versicherten gravierende Wissenslücken zum Thema Gesundheit aufweisen, und generell über eine unzureichende Gesundheitskompetenz verfügen. Der Verband der Privaten Krankenversicherungen gründete daher in diesem Jahr die Stiftung Gesundheitswissen, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Patientenkompetenz zu verbesserrn. Auch die Versorgungsqualität der Versicherten solle steigen, so der Verband. Konkrete Vorhaben wurden zwar noch nicht benannt, erste Projekte sollen aber schon Ende dieses Jahres an die Öffentlichkeit gehen. Auch die AOK hat ein spezielles Informationsprogramm ins Leben gerufen. In sogenannten Faktenboxen werden geläufige Themen und Fragestellungen unter die Lupe genommen. Die Themen reichen von Impfungen bei Kindern bis hin zu Informationen zu Sinn und Unsinn von Nahrungsergänzungsmitteln.

Eine niederländische Studie ging das Thema von einer anderen Seite aus an. Forscher der Universität Rotterdam untersuchten in Zusammenarbeit mit einem Team der Universität Rostock, ob der verbesserte Zugang zu Gesundheitsleistungen das Gesundheitsniveau der Bevölkerung verbessern kann. Den Wissenschaftlern war zuvor aufgefallen, dass die Sterberate in den Niederlanden seit 2002 rapide sinkt. Gleichzeitig stiegen die Gesundheitsausgaben stark an, von ursprünglich acht auf knapp zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). So beruhigend der Gedanke auch wäre, dass mehr Geld für Gesundheitsangebote zu einer gesünderen Bevölkerung führt, so wenig hat er mit der (niederländischen) Realität zu tun. Die Studie ergab, dass die Sterblichkeit lediglich unter Schwerkranken gesunken ist. In den übrigen Gruppen konnte keine Senkung der Sterberate festgestellt werden, stattdessen stieg sie unter Personen mit mehr Arztbesuchen und verschriebenen Medikamenten sogar. Dies ist bei Statistikern als „Health Care Paradox“ bekannt. Gerade Menschen, die häufig Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, weisen eine höhere Sterblichkeit auf. Das Forscherteam warnt daher davor, die Studienergebnisse so zu lesen, dass ein Ausbau von Gesundheitsleistungen die Sterblichkeit erhöht. Stattdessen sei auf diesem Gebiet deutlich mehr Forschung notwendig.

Man muss selbst kein Medizinstudium absolvieren, aber das Wissen um Ursachen von chronischen Krankheiten, Folgen von ungesundem Lebensstil und Behandlungsmöglichkeiten, wenn es hart auf hart kommt – das kann die eigene Lebensqualität schon deutlich verbessern. Hier sind Politik und Medien gefragt, genügend Informationen zur Verfügung zu stellen. Letztendlich kann man die Kuh aber nur zum Brunnen führen, trinken muss sie selbst – soll heißen: Eigeninitiative ist von jedem einzelnen gefragt.