Perfekt ist sie nicht, aber gut, die Gesundheitsversorgung in Deutschland. Dies bescheinigte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im aktuellen Bericht „Health at a Glance 2015“. Allerdings hat das auch einen Preis: Besonders Arzneimittel sind in Deutschland überdurchschnittlich teuer.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verglich die Gesundheitsdaten der 34 OECD-Länder aus dem Jahr 2013 miteinander, wie beispielsweise Lebenserwartung, die Überlebensrate nach einem Schlaganfall und die Zahl von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gute Noten erhielt Deutschland für die Versorgung nach einem Schlaganfall. Hierzulande sei die Überlebensrate höher als in den meisten anderen Ländern. Auch die Wahlmöglichkeiten der Patienten sowie die Wartezeiten auf Arzttermine wurden positiv bewertet.
Arzneimittelausgaben: Deutschland nur knapp auf Platz zwei
In en OECD-Ländern erreichten die Ausgaben für Arzneimittel 2013 einen Rekordwert von 800 Mrd. Dollar. Dies entspricht einem Fünftel der Gesundheitsausgaben. Dabei wuchs der Anteil von Arzneimitteln, die in Krankenhäusern abgegeben wurden. Auch teure Spezialarzneimittel zeigten sich als starker Kostentreiber, prominentestes Beispiel ist hier sicherlich Sovaldi, ein Medikament zur Behandlung von Hepatitis C des Herstellers Gilead.
In Deutschland sind die Kosten für Arzneimittel besonders hoch, sie stiegen im untersuchten Jahr um sieben Prozent. Die Ausgaben in diesem Bereich liegen laut OECD-Bericht damit nun rund 30 Prozent über dem Länderdurchschnitt. Übertroffen wird Deutschland bei den Arzneikosten nur noch von Griechenland.Preistreiber sei der Anfang gesenkte Herstellerrabatt, den die Hersteller von patentgeschützten Arzneimitteln gewähren müssen. Aber auch hohe Zuwächse bei den Verschreibungen, insbesondere bei blutdrucksenkenden Medikamenten sowie Antidiabetika, wirkten sich auf die Ausgaben aus. Der Verbrauch letzterer beispielsweise habe sich seit 2000 fast verdoppelt. Die möglichen Gründe sind vielfältig, angesichts dessen, dass in Deutschland immer mehr ältere und übergewichtige Menschen leben, ist hier aber die Hauptursache zu vermuten.
OECD fordert erneut Bettenabbau
Gleichzeitig bemängelt die OECD in ihrem Bericht, dass Patienten bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Herzinsuffizienz zu häufig stationär eingewiesen würden. Gerade angesichts der alternden Bevölkerung sei es stattdessen wichtig, chronisch kranke Patienten kontinuierlich zu betreuen, und unnötige Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Langfristig könnte dies auch zu einem weiteren Bettenabbau in Deutschland führen. Laut Bericht gibt es hierzulande noch deutlich zu viele Betten, die zu hohen Ausgaben im Gesundheitssystem führen. Die Kosten für stationäre Behandlung sind in der GKV einer der größten Posten, durch die anstehende Krankenhausreform werden weitere Belastungen auf das Gesundheitssystem zurollen. Ein Bettenabbau könnte laut OECD in Deutschland zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Die OECD bestätigt damit auch den Grundsatz „ambulant vor stationär“.
Wie hoch die Kosten für stationäre Krankenhausbehandlung aktuell sind, zeigte kürzlich eine Übersicht des Statistischen Bundesamts. Demnach beliefen sich die Kosten im vergangenen Jahr auf rund 81,2 Mrd. Euro und stiegen damit im Vergleich zum Vorjahr um 4,1 Prozent. Pro Patient stiegen die Kosten damit von 4,152 auf 4,239 Euro.
Schon im vergangenen Jahr bescheinigte die OECD Deutschland ein überdurchschnittlich teures Gesundheitssystem. Ein Abschwächen dieser Entwicklung ist vorerst nicht abzusehen. Die steigenden Kosten sind dabei weniger einer schlechten Ausgabenpolitik als der gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet. Langfristig wird das aber nicht mehr tragbar sein. „Haben wir schon immer so gemacht“ kann als Begründung für schleppende Reförmchen nicht mehr herhalten. Mögliche Alternativen gibt es, Beispiel Bürgerversicherung: Auch wenn sich die Politik heute noch größtenteils dagegen eine Bürgerversicherung sträubt, sollte dieses System einmal sachlich durchdiskutiert werden.