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Der in diesem Jahr gestartete Innovationsfonds soll innovative Projekte fördern, welche die Gesundheitsversorgung in Deutschland verbessern. Dafür werden innerhalb der kommenden drei Jahre je 300 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Noch wurden keine konkreten Projekte genannt, die die Förderung erhalten sollen, doch der Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Josef Hecken, hat konkrete Vorstellungen, wo die Fördergelder hinfließen sollten.

Unnötige Krankenhauseinweisungen vermeiden

Hecken will Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in den Mittelpunkt stellen. Eine Verbesserung könnte sich tatsächlich positiv auswirken: Neben- und Wechselwirkungen von Arzneimitteln treiben jedes Jahr die Krankenhauseinweisungen in die Höhe. In Deutschland können schätzungsweise fünf Prozent aller Krankenhauseinweisungen auf unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE) zurückgeführt werden, rund 25 Prozent davon seien laut Experten vermeidbar. Laut dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) könnten, sofern alle UAE verhindert würden, zwischen 0,8 und 1,3 Mrd. Euro eingespart werden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass in Industrieländern bis zu zehn Prozent aller Krankenhauseinweisungen auf unerwünschte Arzneimittelereignisse zurückzuführen sind. Eine Studie aus dem Jahr 2003 schätzt die Zahl der vermeidbaren Todesfälle, die auf Medikationsfehler zurückzuführen sind, auf 28.000.

Laut einer Untersuchung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) weicht fast jeder Patient (96 Prozent) von der Therapie ab. In den meisten Fällen geht das gut, wenn beispielsweise einmal die Einnahme vergessen oder einmalig eine höhere Dosis eingenommen wurde. Doch nicht immer geht es glimpflich aus: Gerade ältere, chronisch kranke und multimorbide Patienten nehmen jeden Tag eine Vielzahl verschiedener Arzneimittel ein, die ihnen meistens von ebenso vielen verschiedenen Ärzten verordnet wurden.

Langfristig sollen alle behandelnden Ärzte einen vollständigen Überblick über die Arzneimittelhistorie ihrer Patienten haben. Dazu zählen alle aktuell eingenommenen Arzneimittel, auch OTC-Produkte. Nur so ist eine umfassende Arzneimittelanamnese und damit auch die AMTS gewährleistet.

Innovationsfonds könnte E-Health-Gesetz überholen

Große Hoffnungen und Erwartungen werden in E-Health und den (elektronischen) Medikationsplan gesetzt. Doch die Umsetzung verläuft schleppend, mit einer zeitnahen Umsetzung der elektronischen Patientenakte ist derzeit leider noch nicht zu rechnen. Der Innovationsfonds könnte dagegen schon bald erste Resultate hervorbringen: Erste Bekanntmachungen zu geplanten Förderungen sollen schon Ende März erfolgen.

Doch auch ohne Innovationsfonds und Medikationsplan existieren bereits Projekte, die die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen können. so startete die Techniker Krankenkasse (TK) im Herbst des vergangenen Jahres ein App-Angebot für Apotheken. Diese soll bei Beratungsgesprächen im Rahmen des sogenannten Arzneimittel-Coachings der Patienten helfen. Apotheker können mit der App Beratungsgespräche vorbereite und im Anschluss dokumentieren. Nach dem Coaching können Apotheker aus der App die Abrechnung unkompliziert an die TK schicken.

Um für eine Förderung durch den Innovationsfonds in Frage zu kömmen, müssen Projekte über die bisherige Regelversorgung hinausgehen und die Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben. Der Innovationsfonds ist Bestandteil des GKV-Versorgungstärkungsgesetzes und soll ab 2016 vier Jahre lang neue Versorgungsformen sowie die Versorgungsforschung mit jährlich 300 Mio. Euro fördern. Davon sollen jährlich 225 Mio. Euro dazu verwendet werden, neue Versorgungsformen zu fördern, “die eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben und hinreichendes Potential aufweisen, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden” (§ 92a Abs. 1 SGB V).

Die übrigen 75 Mio. Euro werden in Projekte der Versorgungsforschung investiert, “die auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgerichtet” (§ 92a Abs. 2 SGB V) sind. Antragsberechtigt ist jeder, Produktinnovationen werden allerdings nicht gefördert.