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Am UKGM, der Fusion der Unikliniken Gießen und Marburg, herrscht Einigkeit darüber, dass der Fachkräftemangel seit Jahren zu mehr Spannungen führt. Fachleute verschiedener Bereiche fordern schon seit längerem psychische und physische Entlastungssituationen für das Pflegefachpersonal deutschlandweit, weil das Problem mehr oder weniger alle Kliniken betreffe.

Marburg und Gießen sind aber in einer besonders prekären Situation, weil die Unikliniken seit 2006 in privater Hand sind. Erst hat die Rhön Klinikum AG die Unikliniken Marburg-Gießen übernommen und fällige Sanierungen bezahlt, die das Land Hessen nicht hätte leisten können. Dann kam 2020 der Klinikkonzern Asklepios, mit dem sich die Probleme verschlimmert haben. Vor Kurzem kündigte fast gesamte Team der Gefäßchirurgie am Standort Marburg. 15 von 16 Pflegekräften haben beispielsweise wegen Überlastung, ewigen Notfall-Engpasssituationen und einigen anderen Szenarien gekündigt.

Der Rendite-Erfolgsdruck steigt bei privatisierten Unikliniken – Gießen und Marburg waren die ersten- so extrem, dass die Maximalversorgung gefährdet ist. Die Unikliniken müssen nicht nur als Maximalversorger auftreten, sondern haben auch einen Bildungs- und Lehrauftrag, der mit der Fallpauschalen-Abrechnung kollidiert. Es kam zu Kündigungen und Wiedereinstellungen, was den Unmut der Beschäftigten noch weiter erhöhte. Die Profitabilitätswellle stieg zudem durch die Asklepios-Übernahme. 

Daher fordern viele Expert:innen der Branche jetzt die Rückabwicklung der Privatisierung zu öffentlichen Trägern, um die Beschäftigten zufriedenzustellen, die vor allem ausreichend Personal wünschen, nicht aber hohen Renditedruck und finanzielle Zuwendungen. 18.200 Unterstützer:innen von Petitionen am UKGM gibt es mittlerweile, die regelmäßig Kundgebungen und Protestaktionen veranlassen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Eine Enteignung ist aber laut Professor Reinhard Strametz vom Studiengang Gesundheitsökonomie in Gießen das falsche Signal. Auch Prämienzahlungen von 5.000 Euro in Gießen für Intensivpflegekräfte, die sich zwei Jahre verpflichten, hält Medizinstudent Mark Müller, der der Initiator des Aktionsbündnisses Petition ist, nicht für richtig. Stattdessen müssten mehr Freizeit und ein überarbeitetes Zeitmanagement im Beruf die richtigen Signale setzen, glaubt Frank Eggers als Betriebsratsvorsitzender in Marburg. Bei der Rückabwicklung der Privatisierung zeigt sich dann allerdings das nächste Problem, weil getätigte Investitionen an Asklepios rückvergütet werden müssten, wozu das Land Hessen nicht in der Lage sein wird.  

Quelle: www.kma-online.de