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Böse Zungen behaupten: Gesundheitspolitik wird nicht von Politikern, sondern von Lobbyisten gemacht, die im Sinne von Verbänden und Unternehmen agieren. Derartige Vorwürfe werden häufig in Bereichen laut, in denen es nicht nur um viel Geld geht, sondern zusätzlich wirtschaftliche und sozialstaatliche Interessen konkurrieren. Doch wie viel Wahrheit steckt in derartigen Vermutungen? Dieser Frage geht eine Untersuchung zweier Politikwissenschaftler nach.

Die Politikwissenschaftler und Medienanalysten Anna-Katharina Dhungel und Dr. Eric Linhart haben dafür die Arbeit sämtlicher Bundestagsausschüsse der Legislaturperiode 2009 bis 2013 einer Analyse unterzogen, wie die „Ärztezeitung“ berichtete. Dabei zeigte sich, dass die Arbeit im Gesundheitsausschuss durchaus Besonderheiten aufweist, auch wenn die häufig geäußerten Vorwürfe nicht bestätigt werden konnten. So konnte zum Beispiel nicht nachgewiesen werden, dass die Gesundheitspolitik gezielt von Interessengruppen gesteuert wird, allerdings unterscheidet sich der Gesundheitsausschuss in einigen Aspekten deutlich von anderen Ausschüssen.

So hätten im Gesundheitsausschuss im Untersuchungszeitraum deutlich mehr Experten und Lobbyisten als in anderen Ausschüssen vorgesprochen. In rund der Hälfte von 119 Sitzungen seien demnach Experten eingeladen worden, die im Schnitt elf Stellungnahmen abgaben, dies sei ein Rekordwert. Zudem sei in keinem anderen Ausschuss der Anteil der vorsprechenden Verbändevertreter so hoch gewesen wie im Gesundheitsausschuss. Fast 64 Prozent der Sachverständigen seien aus diesem Bereich entsandt worden. Mit 41 Stellungnahmen sei der GKV-Spitzenverband am häufigsten präsent gewesen, gefolgt von der Bundesärztekammer (BÄK), dem PKV-Verband, Der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Die Studienautoren betonten dabei jedoch, dass keiner der Verbände die Szenerie im Ausschuss besonders dominiere.

Kommentar: Der gemeinnützige Verein Lobbycontrol setzt sich eigenen Angaben zufolge für Transparenz, eine demokratische Kontrolle und klare Schranken der Einflussnahme auf Politik und Öffentlichkeit ein. Laut dem Verein gefährdet Lobbyismus einen demokratischen Interessenausgleich und benachteiligt diejenigen, die über weniger Ressourcen oder Zugänge verfügen. Es sei mehr als bedenklich, dass sich der Staat immer mehr für Lobbyeinflüsse öffne. Als Beispiel führt Lobbycontrol an, dass Staat und Parteien verstärkt private Akteure und Lobbyisten in politische Entscheidungsprozesse einbinden. Damit untergrabe der Staat seine Verantwortung für einen fairen Interessenausgleich. 

[ilink url=“http://www.zparl.nomos.de/fileadmin/zparl/doc/Aufsatz_ZParl_14_04.pdf“] Link zur Quelle (Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 4/2014)[/ilink]