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Ärzte, die Geschenke von Pharmaunternehmen annehmen, machen sich nicht der Korruption strafbar. Auch die Mitarbeiter der Hersteller können nicht wegen Bestechung belangt werden. Das geht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) in Karlsruhe hervor.

Zur Begründung hieß es: Der niedergelassene Arzt handele weder als Amtsträger noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen. Die gesetzlichen Krankenkassen seien zwar Stellen öffentlicher Verwaltung im Sinne der gesetzlichen Amtsträgerdefinition. Der freiberuflich tätige Kassenarzt aber sei weder Angestellter noch Funktionsträger einer öffentlichen Behörde.

Die Richter sprechen jedoch ausdrücklich von „korruptivem Verhalten“ von Ärzten und Pharmavertretern, das aber nach geltendem Recht nicht strafbar sei. „Darüber zu befinden, ob die Korruption im Gesundheitswesen strafwürdig ist und durch Schaffung entsprechender Straftatbestände eine effektive strafrechtliche Ahndung ermöglicht werden soll, ist Aufgabe des Gesetzgebers“, heißt es in der Mitteilung des BGH.

Hintergrund der Entscheidung war das sog. „Pharmamarketing“. In diesem als „ratiopharm-Skandal“ bundesweit bekanntgewordenen Fall hatte das Landgericht Hamburg einen Vertragsarzt und eine Pharmareferentin jeweils gem. § 299 StGB zu Geldstrafen verurteilt.

Kommentar: Auf Zustimmung ist die BGH-Entscheidung bei den Vertretern der Ärzte getroffen. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärtzlichen Bundesvereinigung (KBV) Andreas Köhler betonte, dass diese Entscheidung die ärztliche Freiberuflichkeit stärke und begrüßte, dass der BGH die unabhängige Position der Ärzte gegenüber der GKV anerkannt hat. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, verwies jedoch darauf, dass nach dem BGH-Urteil kein Handlungsbedarf für den Gesetzgeber bestehe. Ärzte dürften sich ohnehin aufgrund des ärztliche Berufsrechts und des Kassenarztrechts nicht von Pharma-Firmen beschenken lassen.

Ebenfalls Zuspruch erhielt das Urteil von Seiten der Pharmaindustrie in Person von Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Pharma-Verbandes VFA,  die besonders die durch das Urteil gefestigte Stellung des Arztes als freie Berufsgruppe hervorhob. Zudem verwies sie auf den im Jahr 2004 geschaffenen Verhaltenskodex „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ durch dessen Etablierung der Umgang mit Missbrauch im Gesundheitswesen bereits thematisiert ist.

Demgegenüber forderten Oppositionspolitiker und Krankenkassen das schnelle Umsetzen eines Anti-Korruptionsgesetzes. Der GKV-Spitzenverband machte deutlich, dass es dringenden Handlungsbedarf gebe, da das Sozialgesetz diesen Missständen nur vereinzelt gerecht werde. 

[ilink url=“http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/urteil-am-bundesgerichtshof-aerzte-duerfen-geschenke-von-pharmafirmen-annehmen-1.1390546″] Link zur Quelle (Süddeutsche Zeitung)[/ilink]