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Gesundheitsminister Jens Spahn hat Leiter von Kliniken schon Mitte März aufgefordert, nur noch dringende und notwendige Operationen zu veranlassen und planbare zu verschieben. Die Krankenhäuser entscheiden aber selbst, welche chirurgischen Eingriffe noch ausgeführt werden müssen, denn etwa 50 Prozent aller chirurgischen Betten sollen für Corona-Notsituationen freigehalten werden. Für den möglichen Covid-19-Ansturm müssen danach Patienten vertröstet werden. Operationen dürfen nur noch in Notfällen stattfinden, doch viele Experten wie Robert Grützmann, Leiter der Chirurgie im Universtätsklinikum Erlangen glauben, dass der Ansturm ausbleibt und dass es eher zu einer flachen wellenartigen Bewegung über Monate hinaus kommen wird. Deshalb checken viele Krankenhäuser nach Wochen die Bettenkapazitäten und können dann wieder vermehrt Operationen stattfinden lassen, auch weil 500.000 Menschen in Deutschland pro Jahr an Krebs erkranken, die zum Teil dringend eine notwendige Operation bräuchten. Eine Untersuchung der Deutschen Krebshilfe, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) mit Hilfe der dafür speziell eingerichteten Task Force 17 soll etwaige Missstände bei der Versorgung von Krebspatienten in Zeiten der Corona-Pandemie an universitären Krebszentren aufzeigen. Danach könnte die Analyse der Situation auch auf 1.300 Standorte insgesamt ausgeweitet werden. Aber viele Branchenkenner wie der Direktor der Uni-Tumorklinik in Essen beispielsweise, Martin Schuler, halten die momentane Situation für angemessen. Es fänden allerdings lediglich notwendige OPs statt. Auch gebe es nur leichte Veränderungen bei Früherkennungsmaßnahmen und bei Patienten ohne Symptome, aber auch zum Teil bei Nachsorge-Praktiken. Notwendig heißt immer noch lebensrettend, stellt Schuler klar, deshalb werden zum Beispiel Stoma-Rückverlegungen verschoben, während Darmkrebs-Operationen, die absolut dringlich sind, weiterhin stattfinden. Auch Operationen bei kleinen Tumoren mit guter Prognose seien aufschiebbar. Allerdings sind die Folgen der Diagnose von Tumoren und der eventuellen Verschiebung von Operationen im Frühjahr 2020 unter Umständen mit Folgen verbunden, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erkennbar sind, meinen die Experten. Das beste Beispiel hiefür ist der Lungenkrebs, bei dem Patienten schlechtere Überlebenschancen haben, wenn die Operation um 90 Tage verschoben wird. Aber auch aus Sorge vor der Ansteckung mit dem Corona-Virus nehmen einige Patienten Nachsorgetermine nicht wahr, was Ärzten Sorge bereitet. Schuler warnt daher eindringlich vor einer „Verschleppung“ von Tumorerkrankungen aus Furcht vor SARS CoV-2. 

Quelle: www.zeit.de