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Auf dem 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt wurde darüber abgestimmt, ob das Fernbehandlungsverbot in Deutschland gelockert werden soll. Die Delegierten stimmten dabei mit großer Mehrheit für eine Änderung der ärztlichen Berufsordnung und damit für eine Lockerung, wenn alle Voraussetzungen für eine Behandlung per Telefon, SMS, E-Mail oder Online-Chat erfüllt sind. Im Einzelfall ist eine Behandlung über Kommunikationsmedien dieser Art erlaubt, und zwar dann, wenn die ärztliche Sorgfalt im Hinblick auf Diagnostik, Beratung, Therapie und Dokumentation gewährleistet ist und die Patienten über die Online-Behandlung aufgeklärt wurden. Auf dem Ärztetag gab es viele kontroverse Debatten für und gegen die Lockerung des Fernbehandlngsverbots. Der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt darf niemals von den digitalen Techniken als dominierendes Element abgelöst werden, sagte beispielsweise Josef Mischo, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer (BÄK) und Vorsitzender der zuständigen Berufsordnungsgremien der BÄK. Allerdings würde durch die Neuregelung der Berufsordnung, den Ärzten mehr Handlungsspielräume eröffnet, weil rechtliche Grauzonen beseitigt würden. Manche der Anwesenden des Ärztetages befürchten jedoch auch eine telemedizinische Primärversorgung in der Zukunft, deshalb forderte Thomas C. Stiller, Delegierter aus Niedersachsen, eine Fernbehandlungsoption, die an eine niedergelassene Praxis gebunden ist, auch um kommerziell betriebene Callcenter-Medizin zu verhindern. Deshalb stimmten die Delegierten für eine Fernbehandlung im vertragsärztlichen Sektor im Rahmen des Sicherstellungsauftrags, damit solche Szenarien ausgeschlossen werden. Kontroverse Diskussionen kam auch bei der Frage auf, ob ärztliche Verordnungen für Arzneimittel und Überweisungen ohne persönlichen ärztlichen Kontakt möglich sind. Hier stimmten die Delegierten des Ärztetages gegen eine Krankschreibung über digitale Medien. Eine ärztliche Verordnung von Medikamenten betrachteten alle zunächst mit Skepsis, haben sich dann aber mit 91 von 117 Stimmen für diese Option entschieden. Jetzt ist es Aufgabe der 17 Landesärztekammern nach dem Grundsatzbeschluss des Ärztetages die regionalen Berufsordnungen anzupassen. Hierzu wird auf Anraten Josef Mischos eine Projektgruppe eingerichtet, um Fragen zur Qualitätssicherung, zu Dokumentationen, zum Datenschutz und zur Abrechnung und vieles mehr auf der Grundlage der Rechtssicherheit für die Ärzteschaft zu klären.

Quelle: Ärzteblatt