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In einer aktuellen Untersuchung der Bertelsmann Stiftung wird der Digital-Health-Index ermittelt. Dieser zeigt auf, wie stark ein Land im internationalen Vergleich auf digitale Technologien im Gesundheitssystem setzt. Das Ergebnis zeigt, Deutschland hinkt hinterher. Mit einem Index von 30 auf einer Skala von 1 bis 100 belegt Deutschland Platz 16 von 17 untersuchten Ländern. Schlechter schneidet nur Polen ab mit einem Index von 28,5. Am stärksten setzt Estland auf digitale Technologien (81,9), gefolgt von Kanada (74,7), Dänemark (72,5), Israel (72,4), Spanien (71,4) und NHS England mit 70,0. Unterhalb des Mittelwertes von 58,9 liegen Australien (57,3), Italien (55,8), Belgien (54,7), Schweiz (40,6), Frankreich (31,6), Deutschland und Polen.

Im Kern geht es in der Untersuchung darum aufzuzeigen, wie aktiv die Gesundheitspolitik in den Ländern bei der Digitalisierung handelt: Welche Strategien gibt es, welche funktionieren? Welche technischen Voraussetzungen sind vorhanden, und inwieweit werden neue Technologien tatsächlich genutzt?

Die Studie verweist darauf, dass man mehr auf das Potential  digitaler Gesundheitslösungen setzen sollte. So könnten beispielsweise elektronische Patientenakten gefährliche Arzneimittel-Wechselwirkungen verhindern, Telemedizin, Patienten ortsunabhängig mit medizinischen Experten zusammenbringen und Gesundheits-Apps könnten chronisch Kranke stärken.

„Während Deutschland noch Informationen auf Papier austauscht und an den Grundlagen der digitalen Vernetzung arbeitet, gehen andere Länder schon die nächsten Schritte“, konstatierte Brigitte Mohn, Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung. „In Israel setzten Mediziner beispielsweise systematisch Künstliche Intelligenz – etwa zur Früherkennung von Krebserkrankungen – ein.“ Die Forderung aus dieser Erkenntnis: Die Gesundheitspolitik muss entschlossener handeln und ihre Führungsrolle bei der Gestaltung der Digitalisierung zum Nutzen der Patienten weiter ausbauen.

Weitere Handlungsempfehlungen für die gesundheitspolitischen Akteuren:

  • Etablierung eines nationalen Kompetenzzentrum: Entscheidend für die erfolgreiche Digitalisierung ist die Koordination der Prozesse von zentraler Stelle. Das Kompetenzzentrum sollte bestehende Institutionen, Interessengruppen, Experten und Nutzer einbinden sowie verantwortlich sein für die Standardisierung digitaler Anwendungen und die Definition von Schnittstellen. Es sollte politisch gesteuert und unabhängig von Akteursinteressen getragen werden.
  • Schrittweise Herangehensweise an Entwicklungen
    Einzelne Behandlungsbereiche und Prozesse sollten gezielt angegangen werden. „Handlungsleitend sollten dabei die erwartete Verbesserung der Versorgung sowie mögliche Effizienzgewinne sein“.
  • Systematische Einbeziehung von Patienten und Ärzten als Nutzer 
    Bei der Entwicklung von Teilstrategien sowie digitalen Anwendungen und Prozessen seien die Nutzer wie Patienten und Ärzte direkt und nicht deren Standesvertreter einzubeziehen. Der Nutzen von Anwendungen sollte früh sichtbar werden.
  • Akzeptanzförderung
    Digitaler Wandel brauche Akzeptanz und eine breit geteilte Zielvorstellung. Die Politik sollte ihre dahingehende Kommunikation als strategische Aufgabe begreifen und angehen.

Eine veröffentlichte repräsentative Bevölkerungsbefragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom ergab, dass eine hohe Akzeptanz für das digitale Gesundheitswesen herrscht. So befürworteten mehr als zwei drittel der Befragten den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Medizin und der Pflege.

Ärztezeitung