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Vor dem Hintergrund der Finanzreform der gesetzlichen Krankenversicherung und im Hinblick und auf den Anfang 2015 wegfallenden Sonderbeitrag in Höhe von 0,9 Prozent sagte AOK-Chef Günter Wältermann im Laufe der Woche, dass alle Kassen einen optionalen Zusatzbeitrag erheben müssten, um das Leistungsniveau erhalten zu können.

Anfang 2015 wird zum einen der allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von 15,5 Prozent auf 14,6 Prozent gesenkt, welche jeweils hälftig (d. h. jeweils 7,3%) vom Arbeitnehmer bzw. Arbeitgeber gezahlt werden. Der bisherige Sonderbeitrag von 0,9 Prozent, den die Arbeitnehmer bislang allein tragen, wird gestrichen. Wenn eine Krankenkasse mit diesen Beiträgen nicht auskommt, kann sie einen Zusatzbeitrag erheben.

Günter Wältermann prognostizierte für die AOK Rheinland/Hamburg:“Wir werden 2015 mit den 14,6 Prozent nicht auskommen, sondern wie wohl jede andere Krankenkasse auch einen Zusatzbeitrag brauchen.“ Über die genaue Höhe könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine konkrete Angaben machen, da diese Entscheidung maßgeblich von der Konjunkturentwicklung und der Ausgabendynamik abhänge. Sicher sei jedoch, dass AOK-Kunden in Zukunft nicht mehr zahlen sollen als aktuell, d. h. der Zusatzbeitrag soll nicht die 0,9 Prozent des Sonderbeitrages übersteigen.

Bereits am Anfang dieser Woche gab sich Vorständin der Bosch BKK Dr. Gertrud Prinzing ein wenig zuversichtlicher. So erwarte sie für ihre Kasse, dass man sich 2015 im Lichte der Finanzreform und bezüglich des Zusatzbeitrages langfristig unter dem Branchenschnitt bewegen wird, da man sich in den letzten Jahren eine gute finanzielle Lage erarbeitet habe.

Kommentar: Durch den Wegfall des einheitlich vorgeschriebenen Sonderbeitrages von 0,9 Prozent wird der Wettbewerb zwischen den Kassen maßgeblich erhöht. Der Versicherte erhält durch ein Sonderkündigungsrecht die Möglichkeit, die Kasse zu wechseln, wenn sie einen Zusatzbeitrag erhebt. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass der Versicherte automatisch von wettbewerbsbedingten Qualitätserhöhungen und/oder Preisreduktionen profitieren wird. Kurzfristig ist das sicherlich korrekt, da man auf Seiten der GKV die Umstrukturierung der Finanzreform nutzen wird, um Kunden zu gewinnen, indem mit marginalen Zusatzbeiträgen geworben wird (z.B. TK: 0,3%) . Dies ist aber auch nur in der Form möglich, weil die GKV aktuell finanziell sehr gut aufgestellt ist.

Prognosen der Grünen zufolge könnte die GKV bereits im Jahr 2015 ein Defizit von bis zu 2,5 Mrd. Euro verzeichnen müssen, welches 2017 auf 10 Mrd. Euro anwachsen könnte. Zu erwarten ist demnach, dass der Versicherte, trotz des reduzierten Beitragssatzes, durch den variablen Zusatzbeitrag langfristig verstärkt „zur Kasse gebeten wird“. Auch das Sonderkündigungsrecht, falls eine Kasse den Zusatzbeitrag erhöht, wird dem Versicherten wenig nutzen, wenn das allgemeine Zusatzbeitragsniveau über dem bisherigen Sonderbeitrag von 0,9 Prozent liegen wird. Gesundheitsökonom Jürgen Wasem schätzt, dass sich das Niveau bei ca. 1,3 – 1,5 Prozent bereits im Jahr 2017 einpendeln wird, während das Bundesversicherungsamt von 1,6 – 1,7 Prozent ausgeht. Dass die Finanzreform der GKV dem Versicherten einen Nutzen stiftet, sollte dementsprechend kritisch hinterfragt werden.

[ilink url=“http://www.krankenkassen-direkt.de/news/mitteilung/Rheinische-Post-AOK-Chef-Alle-Kassen-brauchen-einen-Zusatzbeitrag-708784.html“] Link zur Quelle (Krankenkassen-Direkt) [/ilink]