Seite wählen

Die deutsche Sozialversicherung muss zunehmend Beitragsgelder, die zur Versorgung von Versicherten vorgesehen sind, für die Zahlung von Strafzinsen aufwenden. Gerade angesichts der angespannten Finanzlage in Kranken- und Pflegeversicherung ist eine zweckfremde Verwendung der vorhandenen Mittel kritisch zu sehen. Der Chef der AOK Bayern meldete sich nun zu Wort und fordert ein Einschreiten der Politik.

Platzer sieht die Politik gefordert: So sollten Banken verpflichtet sein, Nullzinskonten für Kranken- und Pflegekassen anzubieten. Auch die Verpflichtung, nach der die Pflegeversicherung einen Kapitalstock aufbauen muss, um Beitragssteigerungen abzufangen, müsse zur Disposition gestellt werden. „Ein Kapitalstock ergibt nur dann Sinn, wenn damit Zinsen erwirtschaftet werden“, schlussfolgert Platzer. Derzeit sehe es stattdessen so aus, dass die zurückgelegten Gelder jeden Monat an Wert verlieren.

Der Vorstandschef der AOK Bayern, Helmut Platzer, erklärte gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa), dass die Kasse monatlich inzwischen rund 50.000 Euro nur für die Finanzierung der Strafzinsen aufbringen müsse. Die Tendenz sei steigend. Für die gesamte Kassenlandschaft schätzt Platzer allein diesem Jahr die Höhe der Strafzinsen im zweistelligen Millionenbetrag.

Strafzinsen sind eine Konsequenz aus dem sinkenden Leitzins. Eventuell noch erzielte Zinserlöse werden von der Inflation „aufgefressen“. Banken erheben Strafzinsen für die Anlage von hohen Geldsummen, für die sie am Weltkapitalmarkt keine Zinserlöse erwirtschaften können. Im Februar wurde bekannt, dass der Gesundheitsfonds im Jahr 2015 erstmalig Strafzinsen zahlen musste. Damit gingen Bund und Versicherten fast zwei Mio. Euro an Beiträgen verloren.

 Kommentar: Der Leitzins für die Europäische Union liegt derzeit bei 0,00 Prozent (Stand März 2016). Der Einlagesatz der Europäischen Zentralbank (EZB) liegt bei -0,40 Prozent. Somit zahlen Banken, die kurzfristig nicht benötigtes Geld anlegen wollen, letztendlich drauf. Frank Plate, Präsident des Bundesversicherungsamts (BVA) mahnte bereits zu einer stärker auf Sicherheit orientierten Anlage der Mittel. Er erklärte, dass das BVA in Zukunft alternative Anlagestrategien überprüfen werde.

[ilink url=“http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=63262″] Link zur Quelle (Pharmazeutische Zeitung)[/ilink]