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Der neue Chef der fünf Wirtschaftsweisen (Wirtschafts-Sachverständigenrat), Christoph M. Schmidt, plädiert für eine Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Zur Begrenzung der Kassenausgaben schlägt Schmidt in einem Interview mit „Welt am Sonntag“, eine prozentuale Beteiligung der Patienten an den Kosten bis zu einem festzulegenden Höchstbetrag vor.

Die Wirtschaftsweisen hatten in ihrem Jahresgutachten 2012/2013 ihre Forderung nach einer grundsätzlichen Reform der GKV-Finanzierung erneuert und sich abermals für die Einführung einer Bürgerpauschale ausgesprochen. In dem Gutachten heißt es: „Die Simulationsrechnungen zeigen, dass von einer stufenweisen Einführung eines einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeitrags, der sozial ausgeglichen wird, positive Effekte auf Wachstum und Beschäftigung ausgehen. Die Wachstums- und Beschäftigungseffekte sind deshalb positiv, weil durch den Übergang zu einem einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeitrag Verzerrungen beim Arbeitsangebot reduziert werden.“

Auch eine anteilige Beteiligung der Versicherten an den Gesundheitskosten hatte der Sachverständigenrat in dem Gutachten bereits diskutiert und für eine zielführende Weiterentwicklung der Praxisgebühr, die mittlerweile entgegen dem Rat der Weisen abgeschafft wurde, plädiert: „Die Krankenkassen könnten auf Basis der Abrechnung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) die Gebührensumme quartalsweise bis zur maximal erlaubten Höhe den Versicherten in Rechnung stellen. Dadurch würde eine größere Lenkungswirkung entfaltet, weil jeder zusätzliche Arztbesuch mit weiteren Kosten für den Patienten verbunden wäre“.

Kommentar: Die skizzierte Leistungswirkung einer Eigenbeteiligung wurde bereits bei der Abschaffung der Praxisgebühr diskutiert. Hier zeigte sich, dass die Praxisgebühr als Steuerungsinstrument nicht funktioniert hat und eine mit der Gebühr verbundene Reduzierung der Arztbesuche nicht nachgewiesen werden konnte.

Als Finanzierungsinstrument war die Praxisgebühr ein fester Bestandteil der Zuzahlungen, die nun mit deren Abschaffung um einen jährlichen Betrag von 2 Milliarden Euro geringer ausfällen. In der Diskussion um die Kürzung weiterer Zuzahlungen im System hat die Bundesregierung sich für deren Erhalt ausgesprochen: Einerseits sei die Gesamtsumme der Zuzahlungen im internationalen Vergleich “sehr moderat und sozial verträglich ausgestaltet“. Andererseits trügen diese Zuzahlungen dazu bei, die Eigenverantwortung der Versicherten zu stärken und das Bewusstsein für die Kosten der medizinischen Versorgung zu schärfen.

Die Wirtschaftsweisen hatten bereits 2004/05 ein Modell der Bürgerpauschale skizziert. Dabei handelte es sich um eine einkommensunabhängige Prämie für die gesamte Wohnbevölkerung in Deutschland. Bis zum Jahr 2060 rechneten sie mit einem Anstieg der GKV-Ausgaben von 180,7 Milliarden Euro (2011) auf 335 Milliarden Euro. Dies enstspräche einem realen Ausgabenanstieg von 85 Prozent. Die Prognose der Wirtschaftsweisen: Bliebe es beim jetzigen System, müssten auf Basis dieses Szenarios GKV-Versicherte spätestens ab 2015 Zusatzbeiträge bezahlen. Sie würden 2020 bei etwa 20 Euro monatlich liegen, 2040 bei 100 Euro und 2060 bei rund 160 Euro.

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