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Eine im Journal of Neural Engeneering veröffentlichte Studie von Wissenschaftlern aus Göttingen, Heidelberg und Karlsruhe zeigt, dass eine neue Mensch-Maschine-Schnittstelle die Funktionalität von Handprothesen mittels Ohrmuskulatur verbessert.

Die Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen wollen die elektrischen Signale, die beim Aktivieren der Muskeln rund um das Ohr entstehen, nutzen. Dabei wird die Ohrmuskelaktivität über feine Drähte abgeleitet, die in den Ohrmuskel direkt hinter der Ohrmuschel eingebracht werden. Dafür haben die Wissenschaftler aus Göttingen (Prof. Dr. David Liebetanz, Klinik für Klinische Neurophysiologie), der Universitätsklinik Heidelberg (Priv.-Doz. Dr.-Ing. Rüdiger Rupp) und des Karlsruher Instituts für Technologie (Priv.-Doz. Dr.-Ing. Markus Reischl) einen Prototypen einer Mensch-Maschine-Schnittstelle entwickelt.

Bei diesem Prototyp werden die Ohrmuskeln mit einer Computersteuerung über einen kleinen Chip verbunden, Muskelsignale aufgezeichnet und an einen Computer übertragen. Ergebnis der Studie ist, dass dieses System auch die Steuerung von Handprothesen verbessern kann.

Zurzeit können motorisierte Handprothesen nicht gleichzeitig gedreht und geöffnet werden. Dieses Problem könnte nun mithilfe der Ohrsteuerung behoben werden, mit der eine gleichzeitige Ansteuerung der Handdrehung, Öffnung und Schließung ausführbar wäre.

Beim hybriden Ansatz, bei dem die Unterarmmuskulatur und die Ohrmuskulatur genutzt wird, konnten die Teilnehmer der Studie die Handprothese schneller kontrollieren und machten wesentlich weniger Fehler als mit anderen Prothesen.

Für die an dem Projekt beteiligten Wissenschaftler Dr. rer. nat. Leonie Schmalfuß, Klinik für Klinische Neurophysiologie der UMG, und Dr. rer. nat. Janne Hahne, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie der UMG, ist die zusätzliche Ohrsteuerung eine neue Möglichkeit für die simultane Steuerung von zwei Freiheitsgraden. Durch das System könne man eine sinnvolle Ergänzung für Unterarmamputierte darstellen, um die Funktionalität ihrer Handprothese zu verbessern.

Das große Ziel ist, mithilfe der geschaffenen Ergebnisse voll implantierbare Systeme zu entwickeln, die per Funk mit unterschiedlichen Geräten,wie einem Rollstuhl, Computer oder einer Armprothese verbunden werden können.

Das Forschungsprojekt wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für vier Jahre mit insgesamt 890.000 Euro gefördert.

Innovations Report