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Das ZDF-Fernsehmagazin „Frontal 21“ berichtete am 14 April zum Thema ambulante Intensivpflege. Im Fokus standen dabei Patienten, die zwischen die Fronten von Einsparbemühungen der Kostenträger und Profitstreben von Investoren geraten sind. Mehrere tausend Patienten in Deutschland sind derzeit auf ambulante Intensivpflege angewiesen und  müssen rund um die Uhr von speziellen Pflegediensten betreut werden. Für diese Pflegedienste existieren bisher kaum Einschränkungen seitens des Gesetzgebers oder der Kostenträger. Ambulante Intensivpflege bietet damit ein beträchtliches Marktpotential, welches inzwischen auch Investoren anlockt. Die Summary Seven-Marktanalyse  „Ambulante Intensivpflege in Deutschland“ beleuchtet neben einer Vorstellung des Marktes und dessen Rahmenbedingungen das Marktpotential und die Marktsystematik.

Markt für ambulante Intensivpflege wächst überproportional

Ambulante Intensivpflege beinhaltet die medizinische Grundversorgung für Patienten mit Erkrankungen, die eine Betreuung durch qualifiziertes Pflegepersonal erfordert. Sie wird bei den Patienten zuhause oder auch in speziellen Einrichtungen (Bsp. Beatmungs-WGs), größtenteils mit 24 Stunden Anwesenheit, durchgeführt und beinhaltet neben der Pflege auch die Organisation von Hilfsmitteln, Vereinbarung von Arztterminen, Zusammenarbeit mit Therapeuten sowie die Pflege sozialer Kontakte. Die Voraussetzungen für diese Art der Pflege ergeben sich aus einem erhöhten Pflegeaufwand oder einer vitalen Bedrohung des Patienten durch eine vorliegende Erkrankung. Die Vergütung bezieht sich ausschließlich auf die erbrachte Dienstleistung. Medizinische Geräte, Medikamente und Verbrauchsmaterialien werden separat durch die Kostenträger zur Verfügung gestellt. Für die Versorgung zahlen die Kassen aktuell zwischen 7.000 und 20.000 Euro pro Monat. Als Teilbereich der Pflege hatte ambulante Intensivpflege 2012 ein Marktvolumen von 1,8 Mrd. Euro. Die Marktentwicklung verläuft seit 2004 rasant, pro Jahr ist ein Wachstum um über 20 Prozent zu beobachten.

Die Leistungen werden von den Anbietern in Stundensätzen nach Leistungsgruppe IV abgerechnet. Branchenexperten schätzen die Vergütung auf 24 bis 38 Euro pro Stunde ein. Die tägliche Versorgungsdauer liegt durchschnittlich bei 20 Stunden pro Tag, mehr als 70 Prozent der Patienten erhalten eine externe 24-Stunden-Betreuung. Es ist unwahrscheinlich, dass die Vergütungssätze oder der Versorgungsumfang wesentlich sinken. Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich über die gesetzliche Krankenversicherung des Patienten. Bei Bedarf beteiligen sich Pflegekasse und weitere Leistungsträger. Mit allen Kostenträgern rechnen die Dienste direkt ab und handeln selbst ihre Stundensätze aus. Patienten wählen den Dienst, mit dem ihre Kasse einen Vertrag hat. Gesetzliche Mindest- oder Höchstsätze existieren bisher nicht.

Rendite vs. Kostendruck

Wie „Frontal 21“ beschreibt, haben Investoren ambulante Intensivpflege daher zunehmend als Wachstumsmarkt erkannt. Für sie stehe Rendite im Vordergrund. Durch das Fehlen umfassender gesetzlicher Rahmenbedingungen böten sich den Investoren dafür gute Chancen. Auch die Summary Seven-Marktanalyse stellt heraus, dass der Markt stark fragmentiert ist und mangels Einschränkungen durch den Gesetzgeber oder durch Krankenkassen Veränderungen künftig vornehmlich durch Unternehmen angestoßen werden, die Marktanteile gewinnen wollen. Überregionale Anbieter sind noch die Ausnahme, stattdessen wird ein Großteil des Marktes von vielen kleinen, inhabergeführten Pflegediensten abgedeckt. Der Markt hat daher noch viel Raum für Konsolidierung. Überregionale Pflegedienste wie DFH oder Bonitas, die im Besitz von Finanzinvestoren oder größeren Unternehmen sind, betreiben vor allem eine Wachstumsstrategie, infolge dessen der Konsolidierungsdruck zunimmt. Zudem hängt der wirtschaftliche Erfolg dieser Anbieter wesentlich von mit den Kostenträgern vereinbarten Pflegesätzen ab. Die Kostenträger selbst sind zwar bestrebt, Kosten zu senken, wodurch sich wie von „Frontal 21“ dargestellt Probleme ergeben können. Das Magazin stellte besondere Fälle dar, in denen sich Pflegedienste und Kostenträger nicht auf eine Vergütung einigen konnten. Die Pflegebedürftigen sind in diesen Fällen gezwungen, Kasse oder Pflegedienst zu wechseln oder aus eigener Tasche Zuzahlungen zu leisten. Grundsätzlich stehen die Kassen der ambulanten Intensivpflege allerdings positiv gegenüber, da diese im Vergleich zur stationären Behandlung noch günstiger ist. So lange der der Kostenzuwachs dem Anstieg der Krankenhauskosten entspricht, müssen die Pflegedienste also nicht mit starker Gegenwehr seitens der Kassen rechnen. Lediglich durch eine weiter fortschreitende Konsolidierung könnten größere Anbieter eine höhere Marktmacht gegenüber den Kassen erlangen. Welche Effekte sich hieraus auf die künftige Versorgungssituation der Patienten ergeben, muss weiter beobachtet werden.