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Übernahmen sind in der Pharmabranche eher die Regel als Ausnahme, beinahe im Wochentakt werden neue Übernahmen bekanntgegeben. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres wurden bereits einige große (geplante) Übernahmen bekannt. Es wird deutlich: Die Konsolidierungswelle, die seit einiger Zeit über die Branche schwappt, ebbt noch lange nicht ab.

Übernahme-Ankündigungen im Wochentakt

In den ersten Monaten des Jahres herrscht schon ordentlich Bewegung in der Branche: Für 17 Mrd. Dollar wird Merck Sigma-Aldrich übernehmen. Die Transaktion soll bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein. Sie ist die größte in der Firmengeschichte des Darmstädter Unternehmens. Morphosys hat derweil das Peptid-Therapeutika-Unternehmen Lanthio auf dem Einkaufszettel. Durch die Akquisition will das wachsende firmeneigende Portfolio um Medikamente gegen diabetische Nephropatie und fibrotische Erkrankungen ergänzen. Bisher hielt Morphosys 19,98 Prozent der Geschäftsanteile von Lanthio, für 20 Mio. Euro will das Unternehmen die ausstehenden Anteile erwerben. Am 5. Mai gab außerdem das indische Pharma-Unternehmen Torrent bekannt, Zyg Pharma zu übernehmen, einen Hersteller von Cremen, Salben etc. Torrent will damit die eigene Markposition im dermatologischen Segment stärken, insbesondere in den USA und Europa. Die Übernahme soll im August 2015 abgeschlossen sein, über die finanziellen Details wurden keine Angaben gemacht.

Nur einen Tag später veröffentlichte Alexion Pläne, Synageva Biopharma zu übernehmen, um die Marktposition im Bereich Orphan Drugs auszubauen. Die Transaktion wurde von den Unternehmenschefs bereits abgenickt und wird einen geschätzten Wert von 8,4 Mrd. Dollar haben. Durch die Synergieeffekte erhofft sich Alexion ein Umsatzwachstum auf mindestens 150 Mio Dollar bis zum Jahr 2017.
Das größte Fusionsvorhaben in diesem Jahr ist aber bisher die geplante Übernahme von Pharmacyclics durch Abbvie. Abbvie plant dafür 21 Mrd. Euro ein. Nicht jedes Unternehmen will indes diesen Weg beschreiten. Derzeit wehrt sich Mylan vor einer Übernahme durch Teva. Die Maßnahme: Die geplante Übernahme von Perrigo. Damit könnte die Übernahme für Teva zu groß und zu teuer werden.

Experten: Bald gibt es nur noch zwei Arten von Herstellern

Angesichts dieser Transaktionen ist nicht verwunderlich, dass die Pharmabranche in Puncto Übernahmen derzeit als die aktivste Sparte gilt. Übernahmen sind dabei weder ausschließlich kleinen Unternehmen oder großen Konzernen vorbehalten. Die Beteiligten profitieren von Synergieeffekten wie Kosteneinsparungen oder einer Stärkung der Marktposition. Dazu kommen steuerliche Vorteile. Durch eine Übernahme kann der Hauptsitz des Konzerns in ein Land verlegt werden, in dem günstigere steuerliche Konditionen herrschen. Ein gleichermaßen eindrucksvolles wie aktuelles Beispiel, wenn auch nicht aus der Pharmabranche, ist die Übernahme von Covidien durch Medtronic. Der Medizintechnik-Konzern Medtronic verlegte seinen Sitz nach der Fusion von den USA nach Irland. Dort werden Unternehmensgewinne deutlich niedriger besteuert. Inzwischen will der US-amerikanische Senat derartigen Steuertricks allerdings einen Dämpfer verpassen. Erste Maßnahmen gegen die so genannte Steuerinversion wurden bereits ergriffen.

Angesichts sinkender Erstattungsbeträge im Gesundheitswesen dürfte die Zahl der Fusionen darunter allerdings kaum leiden. Unternehmen erlangen dadurch mehr Macht am Markt und können leichte Rückgänge besser verkraften als kleine, spezialisierte Unternehmen. Der Trend zur Konsolidierung wird letztendlich auch Auswirkungen auf den Markt haben. Experten prognostizieren, dass es bald nur noch zwei Arten von Unternehmen geben wird: Hersteller von innovativen, neuen Arzneimitteln und Hersteller, die günstige Generika produzieren. Diese Prognose ist nicht unwahrscheinlich, obwohl beide Geschäftsmodelle riskant sind: Hersteller von innovativen Medikamenten müssen hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung stecken, ohne sichergehen zu können, dass ein Wirkstoff Marktreife erlangt. Falls doch, können sie durch den Patentschutz hohe Einkünfte erzielen. Generikahersteller sparen zwar Forschungskosten, sind aber in hohem Maße von den Erstattungsbeträgen für Arzneimittel abhängig. In jedem Fall werden die zuständigen Kartellämter beschäftigt bleiben, da die Luft in der Branche zunehmend dünner wird und das Risiko von Monopolbildung mit sinkender Zahl von Unternehmen sinkt.