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Die Vorteile der modernen Medizintechnik sind inzwischen unumstritten. Insbesondere der alternden Gesellschaft ist schon Rechnung getragen worden. Ziel ist es, den zurzeit etwa 1,3 Mio Demenzkranken in Deutschland so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Zwei Drittel der Betroffenen leben im eigenen Haushalt, der bei voranschreitender Krankheit einige Gefahren birgt. Privatdozent Dr. med. Daniel Kopf, Chefarzt der Geriatrischen Klinik am Marienkrankenhaus Hamburg, spricht aus seiner Erfahrung mit Patienten und begrüßt jede Form von Innovationen im Bereich der Medizintechnik. Zum Beispiel Spiegel, Treppenstufen und Herdplatten stellen besondere Gefahrenquellen für Demenzkranke dar. Dr. Kopf hält Telemedizin für einen großen Fortschritt bei der Unterstützung der ärztlichen Betreuung: Sensoren messen Blutdruck, EKG oder andere Vitalfunktionen eines Patienten und übertragen sie direkt an den behandelnden Arzt oder die Klinik. Weichen die Werte ab, kann dieser sofort reagieren. Menschen mit einem chronischen Leiden ersparen sich so aufwändige Arztbesuche und erhalten im Notfall schneller Hilfe.

Ingenieure haben sich im Sektor Medizintechnik an die Arbeit gemacht und architektonische und technische Hilfen entwickelt, die Demenzkranken die Orientierung erleichtern. So erkennen etwa Teppiche mit Sensorensteuerung, wenn eine Person gestürzt ist und alarmieren den Notruf. Eine Herdsicherung schaltet überhitzte Kochplatten automatisch ab und neue intelligente Rollatoren verfügen über ein integriertes Navigationsystem, dass  einen verirrten Patienten sicher nach Hause führt.

Professor Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe, Vorsitzender und Organisator im Bereich „Plenary“ für Telemedizin und Robotik der MEDICA EDUCATION CONFERENCE 2014, gibt jedoch zu bedenken, dass viele wichtige Fragen zu den Aspekten Qualitätssicherung, Finanzierung und Datenschutz  in Deutschland noch nicht ausreichend geklärt sind. Um verlässliche Rahmenbedingungen für die Anwendung von Telemedizin zu schaffen, hat die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) im Mai 2014 Leitlinien veröffentlicht. Tschöpe sieht in der Telemedizin allenfalls eine Ergänzung der ärztlichen Behandlung. Seiner Meinung nach kann keine noch so perfekte technische Lösung den persönlichen Kontakt zu dem Kranken und die Zuwendung anderer Menschen aufwiegen. Die MEDICA EDUCATION CONFERENCE als  wissenschaftliche, interdisziplinäre Fortbildungsveranstaltung zum Thema Telemedizin findet vom 12. bis 15. November in Düsseldorf statt. Dort werden auch Fragen zu Qualitätssicherung und Finanzierung neuer Produkte aufgegriffen werden.

Kommentar: Mit den beschriebenen neuesten Entwicklungen wird Deutschland seinem Ruf gerecht, wonach die deutsche Medizintechnik als Exportschlager gilt. Sicherlich sind derartige Innovationen revolutionär. Zu bedenken ist aber auch, dass auch Technik, gerade auch in Startphasen, in denen sie noch nicht abschließend praxiserprobt ist, Fehlergefahren birgt. Der abschließende Nutzen und wieviel Selbstständigkeit den Kranken letztlich erhalten bleibt, wird abzuwarten sein. Völlig berechtigt ist insoweit auch die Frage der Finanzierung. Gerade in diesem Bereich hat der Fortschritt auch seinen Preis. Es dürfte zweifelhaft sein, dass das gerade stark belastete Gesundheitssystem hier noch genügend Spielraum hat. Möglicherweise bleiben also die Fortschritte der Medizintechnik den Selbstzahlern vorbehalten. Die Ergebnisse der Konferenz im November bleiben also mit Spannung abzuwarten.

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