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In Deutschland stellen sich viele Menschen, die nach einem Psychotherapeuten suchen, die Frage, ob Online-Angebote für sie als Betroffene eine Alternative sind, denn es gibt lange Wartezeiten auf einen Platz in der Psychotherapie. Dabei gibt es heutzutage schon sehr viele Angebote im Internet, um Hilfe in psychologischen Notlagen zu bekommen. Doch raten viele Experten zur Vorsicht. Unter anderem auch der Geschäftsführer der Deutschsprachigen Gesellschaft für Onlineberatung (DGOB), Heinz Thiery, der davon überzeugt ist, dass unseriöse Therapieangebote gefährlich sind. Dennoch glaubt er, dass ein fachliches Online-Angebot, das die Wirksamkeit belegen kann, immer noch besser ist, als wenn sich die Krankheit verschlimmert, weil keine Beratung in physischer Form bei einem Therapeuten zustande kommt. Deshalb empfiehlt der Experte, Online-Angebote vor allem für berufstätige Menschen, für Jugendliche, die sich von Erwachsenen nicht ernst genommen fühlen, für Gehörlose und für Menschen in ländlichen Regionen, die sonst keinen Zugang zur Beratung haben sowie für Opfer sexueller Gewalt, die sich ansonsten schämen und nicht darüber reden möchten. Er betont zudem, dass seriöse Online-Selbsthilfekurs-Angebote vor allem für Menschen, die die Wartezeit bis zur Therapie bei einem Therapeuten überbrücken möchten, sehr gut geeignet sind. Eine Online-Alternative kann in einigen Fällen Sinn machen, ist aber auch nicht ganz preiswert. Kosten für komplette Selbsthilfe-Tutorials kosten zwischen 57 und 270 Euro und gehören nicht zur Regelleistung der Krankenkassen, werden allerdings von einigen Kassen teilweise übernommen. Aus einer Stellungnahme der Bundespsychotherapeutenkammer (BPTK) zur Digitalisierung in der Psychotherapie geht hervor, dass die Diagnostik und die Aufklärung der Patienten dringend in die Hände eines erfahrenen Psychotherapeuten gehört. Auch muss die Therapie während der Behandlung durch Ärzte und Psychotherapeuten gewährleistet sein. Allerdings kann sich die Kammer eine Integration von digitalen Programmen – als Ergänzung nicht als Ersatz – in der Psychotherapie vorstellen. Die Wirksamkeit dieser Online-Programme ist allerdings zu hinterfragen und muss belegt werden, damit der Patient keinen Schaden nimmt oder aber beispielsweise die Depression durch fragwürdige therapeutische Übungen noch verstärkt wird. 

Quelle: www.spiegel.de