Seite wählen

Alzheimer ist eine Form der Demenzerkrankung, die derzeit auch wegen der alternden Bevölkerung in aller Munde ist. Die Erkrankung hat nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für sein soziales Umfeld erhebliche Konsequenzen. In Deutschland zählt man aktuell mehr als 1,3 Millionen erkrankte Menschen , bis 2050 wird wegen des demografischen Wandels ein Anstieg auf 2,6 Millionen prognostiziert. Jedes Jahr werden etwa 250.000 neue Demenzerkrankungen diagnostiziert, von denen 120.000 der Alzheimer-Kategorie zuzuordnen sind. Ablagerungen und Amyloid gelten als Ursache für die Alzheimer-Erkrankung. Trotz entsprechend positiver Laborergebnisse erkranken einige Menschen mit hohem Amyloid-Wert nicht, während andere schon bei geringer Konzentration typische Symptome aufweisen.

Wissenschaftler die diese uneinheitlichen Prozessen auf der Spur sind, zweifeln daran, ob Amyloid tatsächlich allein verantwortlich für die Entstehung der Alzheimerkrankheit ist und nachfolgende Prozesse wie die Tau-Agglomeration triggert. Die Zweifel sind auch deshalb aufgekommen, weil alle gegen Amyloid gerichteten Therapien in klinischen Studien nicht erfolgreich waren, wobei noch unklar ist, ob diese Therapieversuche zu spät kamen oder Amyloid das falsche Ziel ist.

Nun haben Mediziner der Mayo-Klinik in Rochester eine bedeutende Entdeckung gemacht: Das Zellkernprotein TDP-43 (Transactive Response DNA binding Protein 43 kDa),welches bisher bei Demenz und ALS aufgefallen ist, fehlt bei Erkrankten im Zellkern und verklumpt stattdessen in den Zellkörpern, sodass es seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. TDP-43-Agglomerationen werden dagegen auch bei Alzheimer-Patienten beobachtet, während sie bei Personen zu fehlen scheinen, die trotz Amyloidpathologie kognitiv weitgehend normal bleiben.

Den Erkenntnissen der Forscher lagen die Untersuchen der Gehirne von 342 Personen zugrunde, bei denen Pathologen nach dem Tod eine Alzheimererkrankung festgestellt hatten. Nach den Untersuchungsergebnissen zeigten 34 Personen (9 Prozent) zu Lebzeiten in diversen Tests keine Demenz, 21 Personen waren vor dem Tod kognitiv normal. Die Forscher untersuchten daraufhin mit einem Antikörper das Ausmaß der TDP-43-Ablagerungen in der Amygdala. Dort finden sich bei Alzheimer-Patienten als erstes die Proteinklumpen. Bei 55 Prozent der Proben ließ sich das aggregierte Protein nachweisen.

Funktionsfähiges TDP-43 scheint daher eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Demenzschutz zu sein. Das erklärt aber noch nicht, weshalb einige TDP-43-Negative trotz Alzheimerpathologie demenzfrei bleiben, der Großteil aber nicht. Deshalb untersuchte das Forschungsteam andere Hirnbereiche der betroffenen Personen. Hierbei wurde herausgefunden, dass diejenigen mit den stärksten kognitiven Beeinträchtigungen vor dem Tod auch die größte TDP-43-Last zeigten. Möglicherwiese beschleunigen die Ablagerungen also die Entwicklung einer Demenz. Fehlendes TDP-43 könnte nach Meinung der Forscher das Phänomen der kognitiven Resilienz zumindest teilweise erklären. Eine Therapie gegen die Proteinklumpen wäre dann vielleicht auch in der Lage, zumindest einen Teil der Patienten mit Alzheimerdiagnose vor einer Demenz zu bewahren oder diese zumindest zu verlangsamen. Bis eine Therapie jedoch in greifbare Nähe rückt, die auf das TDP-43 Protein abzielt, dürften jedoch noch Jahre vergehen.

Derzeit ist keine Heilung für Betroffene möglich. Mit verschiedenen Medikamenten wird versucht, Symptome wie Erregungszustände, Depressionen oder psychotische Symptome (Halluzinationen oder Verwirrung) zu lindern. Nichtmedikamentöse Therapien sind häufig ebenfalls darauf ausgerichtet, Begleitsymptome der Alzheimer-Krankheit abzumildern oder die Denk- und Merkfähigkeit zu verbessern, so die Alzheimer-Forschung.

Die aktuellen Forschungsergebnisse könnten soweit ein Aufruf an die Pharmaindustrie sein – und vielleicht ein Hoffnungsschimmer für (zukünftig) Betroffene.