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Das Bundesgesundheitsministerium will einen Passus ins Sozialgesetzbuch einfügen, nach dem allen Leistungserbringern – egal ob freiberuflich, angestellt oder gewerblich – die unzulässige Vorteilsannahme und -gewährung verboten werden soll. Darunter fallen auch Honorarzahlungen an Ärzte im Rahmen sogenannter Anwendungsbeobachtungen (AWB). AWB bezeichnen Anwendungsstudien, die dazu dienen, Faktoren wie Arzneimittelsicherheit und Therapietreue zu untersuchen. Nach Berechnungen des Wissenschaftlichen Instituts der Techniker Krankenkasse kosten die AWB, bei denen sich bereits auf dem Markt befindende Medikamente verordnet werden, in Deutschland jährlich 930 Millionen Euro.

Der GKV-Spitzenverband fordert nun im Rahmen der Debatte um diesen Änderungsantrag verpflichtende wissenschaftliche Abschlussberichte für AWB. Dies sei sinnvoll, wenn man berücksichtigt, dass die Zahl der Veröffentlichungen zu AWB minimal und der Erkenntnisgewinn für die Öffentlichkeit gering sei. Nur eine sehr geringe Zahl von AWB sei zudem methodisch abgesichert.

Schon seit langem wird von vielen politischen Interessenvertretungen die These propagiert, dass ein Großteil der AWB überflüssig und vor allem dazu gedacht sei, den Umsatz von Arzneimittelherstellern zu steigern. Damit stehen AWB unter dem Verdacht, vor allem teure Medikamente unter die Patienten zu bringen. Nicht verwunderlich ist, dass daher regelmäßig diskutiert wird, ob die Beteiligung der Ärzte an den AWB nicht sogar den Straftatbestand der Korruption erfüllt.

Das Problem für die Kassen? Die gesetzlichen Krankenkassen müssen dann für die hochpreisigen Medikamente bezahlen, die in den AWBs verordnet werden. Hinzu kommt, dass die Patienten die Präparate jahrelang weiter nehmen – für Pharmafirmen also ein lohnendes Investment. Mit seiner Forderung will der GKV-Spitzenverband eine Grundlage schaffen, die Angemessenheit der Vergütung zu beurteilen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert außerdem die Ergebnisse und Bewertungen von AWB in einer öffentlich zugänglichen Datenbank zu hinterlegen. „Je mehr Transparenz es gibt, desto weniger Korruption ist möglich“, sagte Stefan Gräf von der KBV

Die dem Änderungsantrag zugrunde liegende Intention, die Transparenz hinsichtlich der von Arzneimittelherstellern an Ärzte geleisteten Entschädigungszahlungen zu erhöhen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Dabei bedarf es aber der Schaffung eines eindeutigen Rechtsrahmens, der Missbrauch bei Anwendungsbeobachtungen verringert. Zum jetzigen Zeitpunkt sind weder die anzeigepflichtigen Daten allgemein zugänglich noch finden sich qualitative Anforderungen an die Zulässigkeit dieser Studien.