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Was die Versandapotheke DocMorris derzeit als „Innovation im Gesundheitssystem“ im Rahmen ihrer Werbetour durch 15 verschiedene Städte anpreist, betrachten die örtlichen Apotheker auf den ersten Blick als Provokation – insbesondere dann wenn der in Unternehmensfarben designte Apothekenbus in unmittelbare Nähe einer Apotheke Halt macht. Inzwischen haben fünf von zwölf Kommunen kurzfristig ihre Stellplatzgenehmigungen für das den Apothekenbus zurückgezogen. Wohl auch aufgrund des Widerstandes der örtlichen Apotheken.

Auf den zweiten Blick scheint die Aktion für weit mehr als nur kurzfristige Aufruhe zu sorgen: Der Verbandssprecher des Apothekerverbandes Brandenburg, Thomas Baumgart, bezeichnete das Thema als „eine strukturelle Frage“. Dabei dürfte die derzeitige zurückhaltende und beschwichtigende Haltung des ABDA für weiteren Unmut sorgen. Denn der Bundesverband schweigt derweil und stuft den DocMorris-Vorstoß als eine Marketingmaßnahme eines einzelnen Unternehmens herab. Der Landesverband wartet also gespannt auf eine Positionierung des ABDA.

Zu weiteren Beunruhigung dürfte beitragen, dass DocMorris politischen Rückhalt für das Konzept in der Politik finden dürfte. Was die Versandapotheke in ihrem „politischen Manifest“ (Leitartikel: DocMorris fordert radikalen Umbau des Apothekenmarkts) bereits als „unkonventionelle Lösungen“ angekündigt hat, stößt zumindest bei der CDU auf einen fruchtbaren Boden.  Die CDU hat „rollende Apotheken“ sogar in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Jens Spahn (CDU) zeigt sich gegenüber den Apotheken betont „ergebnisoffen“. Mobile Versorgungskonzepte seien vorstellbar.

Bei der Frage nach der Sicherstellung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung setzt die FDP hingegen mehr auf Landärzte, während die SPD die vorhandene Infrastruktur optimal nutzen will – ohne „überkommene Aufgabenverteilung der beteiligten Akteure“. Dagegen schlagen die Grünen vor, Ärzte sollen über eine „Arzneimittelnotkiste“ verfügen – so könnten Apotheker ihre Notdienste reduzieren. Die Linke verweist lediglich auf das Verbot des Versandhandels. Auch in der Ärzteschaft wird über das Thema diskutiert. Der Hausärzteverband hat sich zuletzt mit einem Dispensierrecht für Ärzte befasst, wie es in anderen Ländern für Hausärzte verbreitet ist.

DocMorris will den politischen Druck offenbar im Rahmen der „Beratungstour“ erhöhen: Auf speziellen Postkarten können sich die Besucher per Unterschrift für Apothekenbusse aussprechen und die Karten an Abgeordnete verschicken. Zur Belohnung winkt eine 5-Euro Gutschrift.

Mit Spannung dürfte zu erwarten sein, wie sich die ABDA in der nächsten Zeit zu diesem Thema äußert und ob die Bundesvereinigung dabei der Stimmung ihrer Mitglieder gerecht wird.