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Viele Kliniken in Deutschland stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Der Bund verordnet in unregelmäßigen Abständen Finanzspritzen, um Schließungen zu vermeiden, für viele ist das allerdings der falsche Weg. Um die deutsche Kliniklandschaft langfristig zu stabilisieren, müsste das deutsche Krankenhauswesen deutlich verschlankt und gestrafft werden, so sieht das beispielsweise auch der hessische Sozial-Staatssekretär Wolfgang Dippel (CDU). Es könne nicht angehen, dass Überversorgung subventioniert wird. Erst kürzlich forderte er Kliniken auf, näher zusammenzurücken und Kompetenzen zu bündeln. Anlass war die weiterhin offene Fusion zweier Kliniken in Fulda. 

Private Kliniken wachsen

Auch der BKK Dachverband appellierte in der Vergangenheit an die Politik, Maßnahmen einzuleiten, um die Überkapazitäten im Klinikmarkt abzubauen. Dafür solle der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zentrale Kriterien für die Krankenhausplanung entwickeln, darunter indikationsbezogene Kennzahlen zu erforderlichen Kapazitäten und Erreichbarkeit. Indikationsbereiche, bei denen Mengensteigerungen weder medizinisch noch demografisch erklärbar sind, sollten dabei in den Fokus gerückt werden. Es sei auffällig, dass besonders dort starke Zuwächse zu beobachten sind, wo die Eingriffe Gewinn versprechen. Eine Konzentration auf Spezialisten-Krankenhäuser mit ausreichenden OP-Häufigkeiten bei bestimmten Diagnosen sei mit Blick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit dringend geboten.

Derartige strukturelle Veränderungen können im Klinikmarkt bereits seit längerem beobachtet werden. Nicht zuletzt durch das DRG-Fallpauschalensystem sind Krankenhäuser dazu gezwungen, wirtschaftlich zu handeln. Der daraus resultierende Konsolidierungsprozess, der den Kliniken mehr Marktmacht verleiht, geht zu einem Großteil über den Zukauf von Kliniken durch die Trägerschaft vonstatten. Im Jahr 2011 gab es laut Berechnungen von Summary Seven in Deutschland 2.045 Kliniken, davon 1,736 Allgemeinkrankenhäuser. Die Zahl sinkt pro Jahr durchschnittlich um ein Prozent (CAGR). In der letzten Dekade ist die Anzahl der Kliniken um 8,8 Prozent gesunken. Dies entspricht der Schließung von rund 200 Kliniken. Aufgrund der finanziell angespannten Lage vieler kommunaler Häuser ist mit weiteren Schließungen zu rechnen. Die Allgemeinkrankenhäuser verteilten sich zu je einem Drittel auf freigemeinnützige (37 Prozent), private (33 Prozent) sowie öffentliche Träger (30 Prozent). Die Lage der öffentlichen und freigemeinnützigen Kliniken ist seit Jahren prekär. Unter den privaten Kliniken zeichnet sich dagegen ein Wachstumstrend ab. Ketten wie Helios, Asklepios und Rhön üben dadurch einen Konsolidierungsdruck aus, der sich weiter fortsetzen wird.

Nur wer gut ist, darf bleiben

Für die Zukunft ist wünschenswert, dass Konsolidierungen nicht nur von ökonomischen Interessen getrieben werden, sondern sich die Kliniken durchsetzen werden, die die beste Qualität anbieten und / oder sich spezialisiert haben. Durchschnittliche oder schlechte Kliniken sollen dann durch eine Art Ausleseprozess von der Bildfläche verschwinden. Dafür plant das Bundesgesundheitsministerium (BMG), im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der Gesetzlichen Krankenversicherung ein Qualitätsinstitut einzurichten, mit dem die Güte von Kliniken verglichen werden kann. Es soll sowohl zu einer besseren Transparenz über die Qualität der Versorgung beitragen als auch eine fundierte Entscheidungsgrundlage für Verbesserungsmaßnahmen bieten. Konkret ist geplant, Qualitätsvergleiche zu Krankenhausleistungen zu veröffentlichen. Die Bewertungen soll unter anderem anhand der Ausstattung des Pflegebereichs oder der Expertise von Ärzten in einem Bereich erfolgen, und mehr. Es sollen Indikatoren zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität entwickelt werden, die in der Krankenhausplanung berücksichtigt werden. Das Institut wird nach Angaben des BMG die Arbeit noch in diesem Jahr aufnehmen.

Die Anzahl von Kliniken dürfte sich dann in einigen Jahren auf einem deutlich niedrigeren Niveau einpendeln als heute. Es könnte dann durchaus vorkommen, dass Patienten für eine geplante Operation längere Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen. Im Idealfall können sie sich dafür aber sicher sein, dass die Klinik in dieser Behandlung führend ist. Anders sieht es bei Notfällen aus. Es ist unabdingbar, dass trotz Konsolidierung die Klinikdichte hoch genug bleibt, um die Notfallversorgung sicherzustellen. Lange Anfahrtswege mögen bei einer im Vorfeld geplanten Knie-OP lästig sein, bei Verkehrsunfällen mit Schwerverletzten können sie über Leben und Tod entscheiden. Bei allen Einsparbemühungen darf nie vergessen werden, dass es sich bei Kliniken nicht um reine Wirtschaftsunternehmen handelt, sondern dass ein Versorgungsauftrag besteht und das Wohl des Patienten immer im Vordergrund stehen muss.