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Die Hauptaufgaben des Medizinischen Dienstes der gesetzlichen Krankenkassen (MDK) liegen darin, Kranken- und Pflegekassen in medizinischen und pflegerischen Fragen zu unterstützen. Dies umfasst eine breites Spektrum. Bei der Unterstützung der Krankenkassen sind neben Stellungnahmen zu Arbeitsunfähgkeit, Notwendigkeit, Art, Umfang und Dauer von Rehabilitationsleistungen bzw. -maßnahmen noch weiter Aufgaben an den MDK übertragen.

Die Unterstützung der Pflegekassen durch den Medizinischen Dienst besteht darin zu klären, ob jemand pflegebedürftig ist und wie der Umfang der pflegerischen Versorgung aussehen sollte. So widmet sich der Medizinische Dienst der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für Pflegebedürftigkeit, empfiehlt eine Pflegestufe und prüft, ob eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz vorliegt, schlägt Reha- und Präventionsmaßnahmen vor und gibt Hinweise zu einem individuellen Pflegeplan. Abschließende Entscheidungen über eine Leistung liegen aber stets in den Händen der Kranken- und Pflegekassen, so stellt es der Medizinische Dienst selbst dar.

Bundesgesundheitsminister Gröhe hat nun den Medizinischen Dienst der gesetzlichen Krankenkassen ins Auge gefasst, nachdem er in den letzten Monaten mit vielen Reformvorschlägen im Gesundheitswesen für Diskussionsstoff gesorgt und Politik gemacht.

Gröhe will der Arbeit des Medizinischen Dienstes einen Rahmen schaffen, in welchem er in der Zukunft neutraler arbeiten kann. Bislang nehmen die Gesetzlichen Krankenkassen unbestritten Einfluss auf die Entscheidungen des Medizinischen Dienstes. So sind an der Spitze des Medizinischen Dienstes Verwaltungsräte vertreten, die hauptamtlich aus einer Krankenkasse stammen. Nach aktuellen Zahlen, die das ARD-Nachrichtenmagazin Report Mainz recherchiert hat, sind etwa 40 bis 60 Prozent der Gremienmitglieder des Medizinischen Dienstes zeitgleich bei einer Krankenkasse beschäftigt oder sind ehemalige Mitglieder einer Kassen. Gröhe sieht dadurch die unabhängige Arbeit des Medizinischen Dienstes gefährdet und hat zur Verbesserung auch schon einen konkreten Vorschlag. Er beabsichtigt, im Herbst ein Gesetz vorzulegen, welches die Reichweite des Einflusses der Krankenkassen auf den Medizinischen Dienst eingrenzen soll.

Gröhe setzt zudem auf die Einbeziehung forensischer Erfahrungen. So sollen auch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen und Vertreter der typischen Pflegeberufe in den Gremien des Medizinischen Dienstes stimmberechtigt sein.

Interessant ist das Vorhaben Gröhes für uns auch vor dem Hintergrund, dass sich in der Vergangenheit Hilfsmittelhersteller über die Eintragungspraxis des MDK  in das Hilfsmittelverzeichnis beschwert haben, da zum Teil Hilfsmittel mit einem fragwürdigen Qualitätsniveau eingetragen wurden. Durch die so entstandenen Produktvielfalt, wird ein Wettbewerb geschaffen, welcher die Kosten auf dem Markt drastisch sinken lässt. Ganz so wie es sich die Kassen wünschen. Durch die enge Verzahnung von den Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst ist es unwahrscheinlich, dass dieser unabhängig agieren, sodass die Einwände Gröhes nachvollziehbar sind.

Beispielhaft können hier die Anti-Dekubitus-Liegehilfen erwähnt werden, deren Preise durch den zunehmenden Wettbewerb und die Verwendung von Ausschreibungen um teilweise bis zu 80 Prozent in den vergangenen Jahren gesunken sind. Weder Patienten noch die Leistungserbringer können sich somit zu den Gewinnern zählen, einzig und allein die Kassen profitieren hier, die vermeintlich Kosten sparen, ohne die volkswirtschaftlichen Folgeschäden zu berücksichtigen.