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Das Internet hat im Alltag zunehmend an Bedeutung gewonnen, auch wenn es um das Thema Selbstmedikation mit OTC-Arzneimitteln geht. Inzwischen macht das Internet der Apotheke nicht nur als Beschaffungsort (Stichwort Online-Versandhandel), sondern auch als Informationsquelle Konkurrenz. Zwar sind Empfehlungen durch Ärzte und Apotheker immer noch für knapp jeden dritten Verbraucher der Hauptgrund für eine Kaufentscheidung, eine Studie des Marktforschungsunternehmens Yougov kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass bereits für sieben Prozent der Bundesbürger Informationen aus dem Internet für den ersten Kaufimpuls verantwortlich sind. Darüber hinaus stellt das Internet, unabhängig davon, wo und wie der erste Kaufimpuls ausgelöst wurde, im Nachgang bereits die Informationsquelle Nummer eins dar.

Versandhandel wächst fast ausschließlich durch OTC-Geschäft

Im Jahr 2013 entfielen laut einer Analyse von IMS Health 8,3 Prozent der Apothekenumsätze auf Arzneimittel zur Selbstmedikation (3,7 Mrd. Euro). Laut Apokix Apotheken-Konjunkturindex wird auch jede dritte Beratung in Apotheken zum Thema OTC-Arzneimittel geführt. Beim Umsatz in diesem Segment hat das Internet den Präsenzapotheken mittlerweile allerdings den Rang abgelaufen. Dies wird deutlich, man wenn das Marktwachstum der OTC-Produkte hinsichtlich der Herkunft der Umsätze betrachtet. Insgesamt wuchs der Umsatz in diesem Segment mit einem Plus von 2,5 Prozent zwar nur moderat, davon konnten allerdings Versandapotheken besonders deutlich profitieren. Sie legten beim Umsatz mit OTC-Produkten ganze elf Prozent zu, während die Präsenzapotheken nur 1,6 Prozent mehr Umsatz generierten. IMS Health gibt an, dass fast das gesamte Wachstum des Arzneimittelversandhandels ausschließlich auf OTC-Produkte zurückzuführen ist.

Yougov kommt in der Studie „Customer Journey for OTC Produkte“ zu dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte der Verbraucher (54 Prozent), die rezeptfreie Medikamente bei einer Versandapotheke kaufen, ihre Kaufentscheidung aufgrund eines Besuchs einer allgemeinen, nicht-werblichen Internetseite treffen. 44 Prozent der Online-Shopper nennt Werbung als Hauptgrund für den Medikamentenkauf im Internet. Dr. Oliver Gaedeke, Vorstand und Leiter der OTC-Forschung bei Yougov, rät: „Gerade werbetreibende Pharmaanbieter für OTC-Produkte sollten das Internet als wichtigen Informations- und Kaufpunkt verstehen, der aber auch eine große Bedeutung für den klassischen Handel haben kann.“  Generell herrscht heute das Bild des mündigen Patienten vor, der sich selbständig zu Arzneimitteln informiert und darauf seine Kaufentscheidungen gründet. Nicht alle Patienten haben einen gleich hohen Beratungsbedarf. Besonders Personen mit geringem Beratungsbedarf nutzen das Internet, um sich über Medikamente zu informieren und um diese online zu bestellen.

Schwieriges Marktumfeld zwingt Apotheken zur Anpassung

Den Präsenzapotheken selbst sind durch strenge Auflagen des Gesetzgebers in vielerlei Hinsicht gegenüber der Konkurrenz durch die Versandapotheken die Hände gebunden. Nicht wenige Apotheken stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Auch wenn man in der Branche sicher immer noch gut verdienen kann, sind die fetten Jahre vorbei. Das angespannte Marktumfeld zwingt Apotheker zunehmend dazu, sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an die veränderten Bedingungen anzupassen. So kann beispielsweise eine Spezialisierung auf bestimmte Themenfelder, etwa auf Ernährungsberatung, Prävention oder onkologische Pharmazie, deutliche Marktvorteile liefern.

Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich das Klima verschärft. Seit 2009 sinkt die Zahl der Apotheken in Deutschland. Im Jahr 2013 lag sie bei 20.662 Apotheken inklusive Filialapotheken. Der Anteil an Filialapotheken steigt gleichzeitig und knackte im Jahr 2013 die Marke von 4.000 Filialen. Die Zahl der Neueröffnungen lag mit 174 Eröffnungen auf einem historischen Tief, dafür sank allerdings auch die Zahl der Schließungen nach dem Rekordwert von 501 im Jahr 2012 auf 433 im Jahr 2013. Die durchschnittliche Apotheke setzt laut ABDA pro Jahr rund 1,9 Mio. Euro um, davon müssen rund 1,4 Mio. Euro Wareneinsatz abgezogen werden. Vom übrig bleibenden Rohertrag von knapp 0,5 Mio. Euro sind Personalkosten sowie sonstige steuerlich abzugsfähige Kosten abzuziehen, so dass am Ende ein Gewinn vor Steuern von rund 0,124 Mio. Euro pro Jahr verbleibt.

Diese Entwicklung dürfte sich in den kommenden Jahren weiter fortsetzen. Allerdings muss niemand befürchten, dass bald keine Präsenzapotheken mehr existieren. Denn eines können Versandapotheken bisher nicht leisten: Die sofortige Versorgung mit Medikamenten, beispielsweise im akuten Krankheitsfall. Hier führt der Weg der Patienten fast immer in die Präsenzapotheke statt ins Internet. Zwar wird im Raum Berlin bereits in Zusammenarbeit mit DHL erprobt, online bestellte (rezeptpflichtige) Arzneimittel noch am selben Tag zu liefern, ob sich dieses Konzept auch bundesweit durchsetzt und falls ja wann, bleibt allerdings abzuwarten.

Nicht zuletzt sollten die Vorteile für die Verbraucher nicht außer acht gelassen werden. Das Internet bietet ihnen die Möglichkeit, sich jederzeit ausführlich zum gewünschten Präparat zu informieren, oder ein passendes Produkt zum jeweiligen Krankheitsbild zu recherchieren. Die Zeit, in der ausschließlich Apotheker die Deutungshoheit über Arzneimittel hatten, ist vorbei.