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Hamburger und Berliner Forscher haben eine Studie in gesetzlichem Auftrag erstellt, um Hintergründe zu steigenden Fallzahlen bei vollstationären Klinikbehandlungen zu ermitteln. Veranlasst hatte die Studie der frühere Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr auf Initiative des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des Verbands der Privaten Krankenversicherung.

Die Studie zeigt, dass 2007 bis 2012 die Zahl der vollstationär behandelten Krankenhauspatienten um 8,4 Prozent auf 18,6 Millionen Fälle gestiegen ist. Dabei haben vor allem planbare Eingriffe zugenommen, die tagsüber an Werktagen durchgeführt wurden. Hinsichtlich der behandelten Krankheitsbilder fällt auf, dass vor allem Krankheiten des Kreislaufsystems und Muskel-Skelett-Apparates stark zugenommen haben. Laut Gutachter sind solche Erkrankungen für fast die Hälfte des Fallzahlzuwachses zwischen 2007 und 2012 verantwortlich.

Die Meinungen des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu den Ergebnissen der Studie sind völlig unterschiedlich. Die Kassen gehen dabei davon aus, dass manche Operation erfolgt, um den Umsatz anzukurbeln.

DKG-Präsident Alfred Dänzer dagegen weist Behauptungen, die Krankenhäuser würden medizinisch nicht notwendige Leistungen erbringen, zurück. Stattdessen sei die Krankheitslast bei den Menschen gestiegen. Neue und bessere Behandlungsmethoden bei Krebs würden zwangsläufig auch zu Fallzahlsteigerungen führen. Insgesamt ist man aber aufgrund des Studienergebnisses dazu gekommen, dass Steuerungsmaßnahmen ergriffen werden sollen. Zunächst sollen Stichproben in repräsentativen Krankenhäusern stationäre Aufenthalte transparent machen. Vor Behandlungen, die nicht im Notfall vorgenommen werden, soll eine Zweitmeinung eingeholt werden. Dafür sprach sich auch CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn gegenüber der Nachrichtenagentur dpa aus.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach gegenüber der «Welt» noch deutlichere Worte. Die Zweitmeinung solle von den Kassen gezahlt werden, denn wenn durch ihre Einholung überflüssige Operationen vermieden werden können, werden auch Kosten gespart. Außerdem solle laut  Spahn und Lauterbach der Druck der Krankenhäuser abgebaut werden, die Hauptumsätze durch OPs zu erzielen. Dies etwa durch weniger Geld bei zweifelhaften Operationen und mehr Geld bei der Grundversorgung.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz wählt einen ganz anderen Ansatz und fordert, der Begleitung und Linderung von Beschwerden bei älteren und sterbenden Menschen gegenüber Operationen den Vorzug zu geben.

Ein Ausblick zu diesem Thema könnte sich aus der bevorstehenden Gesundheitsreform ergeben, die nach Meinung des jetzigen Bundesgesundheitsministers Gröhe auch die Gesamtorganisation der Krankenhäuser betreffen soll. Unter Umständen können die Ergebnisse der Studie hier wegweisend eingesetzt werden.