Seite wählen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat es wahrlich nicht leicht. Das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Versorgungsstärkungsgesetz / GKV-VSG) will nicht weniger, als die medizinische Versorgung in Deutschland zu verbessern, und dabei weder Ärzten, Krankenhäusern, Apothekern und sonstigen Leistungserbringern auf die Füße treten. Etliche Interessenvertreter fühlen sich dennoch übergangen und fordern Nachbesserungen. Besonders der Teilbereich des Krankenhaus-Entlassmanagements sorgt für hitzige Diskussionen.

Das GKV-VSG hat am 10. Juli 2015 im Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen und ist am 23. Juli 2015 in Teilbereichen bereits in Kraft getreten. Im Rahmen dieses Gesetzes sollen unter anderem das Krankenhaus-Entlassmanagement verbessert und strukturierte Behandlungsprogramme weiter ausgebaut werden, um den Übergang von der stationären in die ambulante Behandlung zu verbessern.

Ergänzende Regelungen sind notwendig

Werden Patienten aus der stationären Behandlung ins häusliche Umfeld entlassen, dürfen Krankenhäuser ihnen künftig Arznei-, Hilfs- und Heilmittel für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnen. Bislang mussten die Patienten dafür einen niedergelassenen Arzt aufsuchen. In der Theorie klingt diese Regelung sinnvoll und ist definitiv begrüßenswert, in der Praxis könnte die Euphorie allerdings schnell verpuffen. Der Grund dürfte vielen aus eigener Erfahrung bekannt sein: Einen kurzfristigen Termin bei einem Facharzt zu bekommen, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. So kann nach der Entlassung aus dem Krankenhaus immer noch eine Versorgungslücke entstehen. Interessensgruppen fordern daher Nachbesserungen beim Gesetz. Der Deutsche Bundesverband für Logopädie (dbl) erklärte in einer Stellungnahme:

„Um Versicherte im Sinne einer sektorenübergreifenden Versorgung beim Übergang von der Krankenhausbehandlung in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung zu unterstützen, bedarf es aus hiesiger Sicht zwingend einer über sieben Tage hinausgehenden Verordnungskompetenz. Eine Terminierung bei Fachärzten einschließlich der Wahrnehmung des Behandlungstermins ist in dieser Zeit in der Praxis nicht realistisch. Auch muss der vom Versicherten gewählte Heilmittelerbringer einen für den Versicherten geeigneten Termin anbieten können, da Heilmittel eine persönlich zu erbringende Leistung sind. Die Anschlussversorgung der Versicherten ist daher weiterhin gefährdet, sofern nicht ergänzende Regelungen getroffen werden.“

Ersetzen Ärzte Homecare-Dienstleister?

Auch und besonders im Bereich Homecare diskutieren die entsprechenden Interessensgruppen noch über Zuständigkeiten. Patienten, die im Anschluss an die stationäre Behandlung auf eine schnelle Versorgung mit Hilfsmitteln angewiesen sind, sollen künftig von ärztlichen Leistungserbringern betreut werden. Bislang unterstützten viele Homecare-Unternehmen Krankenhäuser und Patienten beim Entlassmanagement und wollen dies auch weiterhin tun dürfen. Der Bundesverband Medizintechnik (BVMed) setzt sich für die Leistungserbringer ein: „Dieses Entlassmanagement hat sich in verschiedenen Bereichen wie bei der Versorgung von Stoma, Tracheostoma, ableitender und aufsaugender Inkontinenz, enteraler Ernährung sowie der Medizin- und Rehatechnik in vielen Krankenhäusern etabliert und bewährt.“ Es handle sich dabei um sinnvolle Strukturen, die auch weiterhin möglich sein müssten. Daher dürfe das künftige Entlassmanagement nicht nur ärztliche Leistungserbringer umfassen, sondern müsse auch eine regelmäßig notwendige Hilfsmittelversorgung unter Wahrung der Patientenrechte aufgreifen, so der Verband in einer Stellungnahme.

Bislang sieht das Gesetz diese Berechtigung allein für ärztliche Leistungserbringer vor. Noch ist nicht klar, welche Rollen und Aufgaben die anderen bisher beteiligten Leistungserbringer beim Entlassmanagement künftig spielen werden. Es heißt wohl erst einmal abwarten und beobachten, anschließend können die Regelungen nachjustiert werden. Dabei sollte ruhig und besonnen gehandelt werden, Grabenkämpfe darüber, welche Interessensgruppe wie viel Einfluss erhalten soll, nutzen den Patienten herzlich wenig.