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Innovationen werden durch Überregulierung im europäischen Gesundheitsmarkt gebremst, diese Ansicht vertritt Dr. Ralph Eric Kunz, Geschäftsführer der Beteiligungs-und Beratungsgesellschaft Catagonia Capital. Im aktuellen Stiftungsbrief der Stiftung Gesundheit erläutert er, dass die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft und der Anstieg der Gesundheitskosten die Notwendigkeit von Innovationen im Gesundheitssektor verstärken. Eine zunehmende Rolle hierbei spielen vor allem Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie das Internet. Diesen Bereich dominieren junge Startups. Kunz ist der Meinung, dass es genau diesen Startups schwer gemacht wird, ihre Innovationsprojekte auf den Markt zu bringen.

Statt transparenter Marktmechanismen erwarten sie unübersichtliche Zulassungsverfahren und Zuständigkeiten sowie lange Erstattungswege, statt globaler IT-Standards ein Flickenteppich lokaler Sonderlösungen. Um Innovationen ermöglichen zu können, seien transparente und schnelle Erstattungs- und Zulassungsprozesse sowie strategische Kooperationen zwischen Unternehmen, Ärzten, Kliniken und den Gesundheistkassen nötig. Startups müssen Akteure, die für Innovationen offen sind, leicht identifizieren und kontaktieren können. Dazu bedarf es neuer Netzwerke, die mit den klassischen verzahnt werden müssen und Initiatoren, die bereit sind, den Startups den Weg durch den unübersichtlichen Dschungel des Gesundheitsbereichs zu ebnen.

Dass Wille und Potenzial zu Innovationen in Deutschland reichlich vorhanden sind, zeigte hingegen der Innovations-Konvent 2013 des Medizin-Management-Verbandes e. V. im September in Berlin. Auf dem Symposium präsentierten rund 30 Innovatoren kreative Projekte aus allen Sektoren des Gesundheitsmarktes, von Forschung bis Human Resources. Doch mancher der Innovatoren hat es schon erlebt: Viele alte Player schnappen zu, wenn eine Innovation ihr traditionelles Territorium bedroht – und bremsen auf diese Weise junge Startups oftmals aus. Denn für Innovatoren im hiesigen Gesundheitswesen gibt es keine Schutzzone. Im Rahmen der Veranstaltung wurde der Medizin-Management-Preis 2013 durch den Gematik-Chef Prof. Dr. Arno Elmer verliehen, welchen die Deutsche Krebsgesellschaft mit ihrem Zertifizierungssystem, vertreten durch Dr. Simone Wesselmann und Dr. Anna Winter, gewann.

Durch eine erst kürzlich beschlossene Regelung des EU-Parlaments scheint dieser bereits steinige Weg noch ein Stück weit mehr erschwert zu werden. Denn nach der Überarbeitung der Medical Device Directive im Oktober dieses Jahres, werden die Anforderungen an die Qualitätskontrolle verschärft werden. Ursächlich für die nun vom EU-Parlament getroffene Entscheidung war der PIP-Skandal in Frankreich vor einigen Jahren. Das französische Unternehmen Poly Implant Prothèse (PIP) hatte zwei Jahrzehnte lang Brustimplantate mit billigem, für die Produktion von Medizinprodukten ungeeigneten, Silikongel hergestellt und weltweit vertrieben. Erst im Jahre 2010, als die Berichte über geplatzte und undichte Implantate zunahmen, stoppte die französische Behörde die Herstellung und den Export der Implantate.

Dies zeigt, dass Qualitätskontrollen und bestimmte Regulierungen im Zulassungsprozess nötig sind und bisher offensichtlich Lücken aufwiesen. Da die Umsetzung des EU-Beschlusses allerdings bei den nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten liegt, bleibt abzuwarten, wie weitreichend die Folgen der Reform auf den europäischen Gesundheitsmarkt sein werden. Eine Erleichterung für die Innovatoren ist diese Maßnahme jedoch sicherlich nicht.