Der G-BA hat in der vergangenen Woche per Beschluss entschieden, dass er für vier Krankheitsbilder prüfen wird, ob sie sich für die Entwicklung von sog. Chronikerprogrammen eignen. Diese sind im Gesundheitswesen auch als Disease-Management-Programme (DMP) bekannt. Der G-BA lies sich dabei von Vorschlägen für geeignete chronische Erkrankungen leiten. Er entschied sich für rheumatoide Arthritis, chronische Herzinsuffizienz, Osteoporose und Rückenschmerz. Es galt, die medizinische Versorgung von chronisch kranken Menschen interdisziplinär und multiprofessionell abzustimmen und die Behandlung sektorenübergreifend zu strukturieren.
Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses, machte gegenüber dem Ärzteblatt deutlich, dass die Aufnahme von Beratungen zu einer Krankheit nicht zwangsläufig die Entwicklung eines strukturierten Behandlungsprogrammes bedeute. Diese hängen vielmehr von konkreten Leitlinien ab, die noch zu recherchieren seien. Auch in Hinblick auf die Recherche wird ein besonderer Qualitätsanspruch erhoben. Der G-BA hat dafür eigens das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) beauftragt.
Die vier ausgewählten Krankheiten erheben keinen Ausschließlichkeitsanspruch. Hinsichtlich der verbleibenden Vorschläge wird weiterhin beraten, welche Erkrankungen noch in das Programm aufgenommen werden könnten. Dies erfolgt nach gesetzlichen Vorgaben. Danach seien vor allem die chronischen Erkrankungen auszuwählen, für deren Therapie ein hoher finanzieller Aufwand erforderlich ist und für die anerkannte Leitlinien verfügbar sind.
Angesichts der inzwischen nachgewiesenen Fallzahlen von Depressionen ist die Frage berechtigt, warum dieses Krankheitsbild noch nicht in die Auswahl DMP-fähiger Krankheiten aufgenommen wurde. Klakow-Franck nennt dafür eine Begründung: Derzeit überarbeite der G-BA die Psychotherapie-Richtlinie. Das Ergebnis der Überarbeitung sollte zunächst abgewartet werden. Ein weiteres Argument ist, dass das Gesetz, welches die Aufnahme in ein DMP regelt, auch voraussetzt, dass der Krankheitsverlauf vom Patienten mitbeeinflusst werden kann, wie Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, betont. Das ist für Depressionen unklar. Es gibt jedenfalls keine evidenzbasierten Schulungsprogramme.
Die aktuell getroffene Auswahl DMP-fähiger Erkrankungen wurde von Patientenorganisationen begrüßt. Insbesondere für Patienten mit Rheuma und Rückenschmerz wird dies eine nachhaltige Verbesserung bei der medizinischen Versorgung bedeuten.
Von den bereits seit längerem existierenden Chronikerprogrammen wurde aktuell das für Brustkrebspatienten überprüft. Das IQWIG kam zu dem Ergebnis, dass es grundsätzlich in keiner Stelle grundlegend überarbeitet werden muss. Lediglich Aspekte der Diagnostik könnten noch genauer gefasst und ergänzt werden. Zum Beispiel thematisieren die Leitlinien den Einsatz einer Magnetresonanztomographie (MRT) bei spezifischen Indikationen, wobei sie von einer routinemäßigen MRT ausdrücklich abraten. Betreffend die Strahlentherapie bei Brustkrebs enthalten die Leitlinien außerdem Empfehlungen zur hypofraktionierten Bestrahlung. Diese hat das DMP für Brustkrebs bislang nicht berücksichtigt.
Disease-Management-Programme werden etwa seit 2002 ausgeführt und sind zum 10. Dezember 2001 mit dem Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleichs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 10.Dezember 2001 eingeführt worden. Bislang werden wie schon erwähnt für Brustkrebs, für Diabetes mellitus Typ I und II, für die koronare Herzkrankheit, für chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen (COPD) und für Asthma bronchiale DMP ausgeführt. Sie haben in erster Linie informatorischen Charakter in Form von Schulungen der Betroffenen, Beratung und Betreuung bei der Arzneimitteleinnahme durch die Apotheke vor Ort, Beratungshotlines, statistische Auswertungen über den Gesundheitszustand und Unterstützung der Patienten durch den Einsatz von telemedizinischen Geräten.
Hausärzte befürworten DMPs. Gerade in Fällen von Diabetes konnte durch die Schulung und Sensibilisierung der Patienten die Zahl notwendiger Amputationen verringert werden.