Egal ob man einen Job hat oder nicht, egal wie hoch das Einkommen ist, wie krank oder gesund man ist: Seit 2009 muss sich jeder Bürger in Deutschland krankenversichern, entweder privat (PKV) oder gesetzlich (GKV). Die überwiegende Mehrheit der der Einwohner Deutschlands ist Mitglied in der GKV, die Zahl der Privatversicherten dagegen seit Jahren rückläufig. Das lässt vermuten: Bei aller Kritik ist die GKV offenbar besser als ihr Ruf.
GKV läuft PKV den Rang ab
2014 standen neun Mio. PKV-Versicherten insgesamt 69,9 Mio. GKV-Versicherte gegenüber. Von diesen waren 52,4 Mio. Mitglieder, 17,5 Mio. Personen waren beitragsfrei mitversichert. Seit Jahren nimmt die Mitgliederzahl der PKV ab, gleichzeitig gewinnt die GKV neue Mitglieder. Im Jahr 2002 erreichten die Übertritte von der GKV in die PKV zwar ihren Höhepunkt – 362.000 Menschen wechselten aufgrund eines hohen Einkommens oder Selbständigkeit zu einem privaten Versicherer. Umgekehrt stieg aber die Zahl derer, die aus der PKV zurück in die GKV wechseln seit 2009 kontinuierlich an und betrug im Jahr 2013 rund 163.000.
Die Gründe hierfür liegen nicht zuletzt in den hohen monatlichen Beiträgen für eine private Krankenversicherung. Das größere Leistungsspektrum der PKV ist teuer erkauft: Niedrige Beiträge zu Beginn sind nicht von Dauer, sie steigen mit Alter und Versicherungsdauer rasant an. Dabei darf man nicht vergessen, dass sie auch nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben gezahlt werden müssen, egal wie hoch die Rente ist. Zahlreiche Privatversicherte können sich das angesichts sinkender Renten schlicht und einfach nicht mehr leisten. Ein Wechsel zurück in die GKV ist allerdings an Bedingungen geknüpft. Angestellte müssen beispielsweise ein Jahr weniger als die Jahresarbeitsentgeltgrenze verdient haben. Weiterhin sind Arbeitslosigkeit oder der Wechsel von der Selbständigkeit in ein Angestelltenverhältnis eine Möglichkeit. Rentner haben allerdings das Nachsehen, für sie gibt es keinen Weg zurück in die Gesetzliche. Lediglich durch einen Wechsel innerhalb der privaten Versicherung auf einen Basistarif lassen sich die Beiträge reduzieren.
Solidarität statt Kapitaldeckung
Die PKV lohnt sich fast ausschließlich für beihilfeberechtigte Beamte, alle anderen Berufsgruppen zahlen drauf. Wer sich dennoch privat versichern will, sollte fürs Alter nebenher einen sechsstelligen Betrag zurücklegen, um die steigenden Beiträge abfedern zu können. Dies riet die Stiftung Warentest im PKV-Vergleich Mitte dieses Jahres. Sie rechnete vor, dass die Beiträge im Rentenalter durchaus dreimal so hoch sein können wie zu Beginn der Versicherungszeit. Dabei seien Beiträge für Ehepartner und / oder Kinder noch nicht berücksichtigt.
Wer dieses finanzielle Risiko nicht eingehen möchte, versichert sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse, entweder über den Arbeitgeber oder freiwillig. Im Gegensatz zu privaten Versicherungsgesellschaften dürfen die Kassen keinen Antragssteller abweisen: Es herrscht das Prinzip der Solidargemeinschaft, in der die Starken die Lasten der Schwachen mit schultern. Die Beiträge richten sich daher ausschließlich nach der Höhe des Einkommens, nicht nach den erhaltenen Leistungen. Allerdings ist auch in der GKV ein Anstieg der Versicherungssätze absehbar, wenn auch in weitaus geringerem Ausmaß. Experten rechnen damit, dass die Zusatzbeiträge ab 2016 um mindestens 0,3 Prozent steigen.
Geld ist generell das Hauptproblem der GKV. Die Einnahmen allein können die Ausgaben nicht mehr gegenfinanzieren, der Gesundheitsfonds muss aushelfen. Noch sind die Reserven im Fonds und bei den Kassen zwar hoch, geht die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben aber weiter auseinander, wird es für Kassen und Versicherte kritisch: Kleine, unrentable Kassen müssen schließen, Beitragssätze und Zusatzbeiträge steigen weiter. Allerdings nicht für alle: Beitragssteigerungen müssen künftig ausschließlich von den Versicherten geschultert werden, der Arbeitgeberbeitrag wurde vom Gesetzgeber eingefroren.
Das hegt berechtigte Zweifel am Solidarprinzip. Immer wieder kommt daher der Vorschlag einer sogenannten Bürgerversicherung auf die Agenda. Diese würde die Trennung zwischen umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Versicherung aufheben, denn auch Selbständige, Beamte und Gutverdienende wären in einer solchen Versicherung beitragspflichtig. Dem deutschen Gesundheitssystem stünde damit schlagartig mehr Geld zur Verfügung. Die Frage ist allerdings, wie lange dieser Einnahmenüberschuss angesichts weiter steigender Gesundheitskosten gehalten werden kann, wenn keine wirksamen Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung gefunden werden. Eine Bürgerversicherung wäre vielleicht solidarischer, die grundlegenden Probleme des Gesundheitssystems kann aber vermutlich auch sie nicht lösen.