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Kurz vor der Bundestagswahl hat der GKV-Spitzenverband ein umfassendes Positionspapier mit dem Titel „Zukunftsmodell gesetzliche Krankenversicherung“ verabschiedet (PDF-Download). In dem 40-seitigen Papier wird dargelegt, wo aus Sicht der Krankenkassen die Handlungsfelder und Notwendigkeiten in der Pflege- und Krankenversicherung für die Politik in der kommenden Legislaturperiode liegen.

Zu den wichtigsten Positionen gehören die Forderungen nach mehr Selektivverträgen, einer Stärkung des Qualitätswettbewerbs sowie nach Instrumenten zur besseren Steuerung einer effizienteren Versorgung:

„Die gesundheitliche Versorgung muss sich zukünftig viel stärker an ihren Ergebnissen und damit am Nutzen der Intervention messen lassen. Vernetzte Versorgungsmodelle, aus denen Patientinnen und Patienten die für sie am besten geeignete Versorgung wählen können, müssen die fragmentierten Formen der Behandlung ersetzen. … Vor allem die immer älter werdenden Patientinnen und Patienten benötigen geeignete Versorgungsmodelle, die darauf abzielen, die Gesundheit im Alter zu stützen und das Selbstmanagement zu fördern.“

Neben der Krankenversicherung formuliert das Positionspapier auch Reformbedarf in der Pflegeversicherung, insbesondere im Bereich der Qualitätssicherung.

In dem Positionspapier wird zu folgenden Bereichen Stellung genommen:

  1. Selbstverwaltung: Forderung nach klarem Bekenntnis des Gesetzgebers zur Selbstverwaltung, Stärkung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Loslösung von politischer Einflussnahme.
  2. Wettbewerb: Forderung nach Abgrenzung der Krankenkassen vom Kartellrecht, Wettbewerb über mehr Selektivverträge, Lockerung des Kontrahierungszwangs im Krankenhaus.
  3. Qualität und Innovation: Forderung nach mehr Transparenz bei Ergebnissen der Qualitätssicherung, Beschränkung der neuen Untersuchungs- und Behandlungsverfahren.
  4. Ärztliche Versorgung: Forderung nach Reform des ärztlichen Honorar- und Vergütungssystems, Abbau von Überversorgung, Stärkung der integrierten und hausärztlichen Versorgung, Stärkung des Sachleistungsprinzips, Beschränkung des Festzuschuss-Systems beim Zahnersatz.
  5. Krankenhausversorgung: Forderung nach Beschränkung der Krankenhausfinanzierung, Reform oder Abschaffung der dualen Krankenhausfinanzierung, stärkere Prüfung von Krankenhausabrechnungen.
  6. Arzneimittelversorgung: Forderung nach Weiterentwicklung und Stärkung des Arzneimittel-Neuordnungsgesetzes (AMNOG), Liberalisierung des Apothekenmarktes, Abbau von Apotheken, Beschränkung der Apothekenvergütung.
  7. Heilmittelversorgung: Forderung nach Begrenzung der Heilmittel-Ausgaben, Reform des Zulassungsverfahrens, mehr Einzelverträge mit Krankenkassen.
  8. Hilfsmittelversorgung: Forderung nach Einführung eines zentralen Zulassungsverfahrens für Medizinprodukte, klinische Prüfungen für Hochrisiko-Medizinprodukte, Einführung einer obligatorischen Haftpflichtversicherung für Hersteller, Begrenzung des Festzuschuss-Systems.
  9. Prävention und Rehabilitation: Forderung nach stärkerer finanzieller Beteiligung der öffentlichen Hand, Ausbau der betrieblichen Gesundheitsförderung.
  10. Elektronische Gesundheitskarte: Forderung nach Ausbau des Mehrwerts der elektronischen Gesundheitskarte für die Krankenkassen, Ausbau von Online-Anwendungen, evidenzbasierter Nachweis des Zusatznutzens telemedizinischer Anwendungen und der personalisierten Medizin.
  11. Patientenrechte: Forderung nach Reform des Patientenrechtegesetzes zugunsten Betroffener, Tranzparenz bei IGeL-Leistungen, Bekämpfung von Fehlverhalten und Bestechlichkeit bei Leistungserbringern.
  12. Finanzierung der Krankenkassen: Forderung nach weiterer Finanzierungsreform zugunsten der Krankenkassen, Schutz der Reserven des Gesundheitsfonds vor sachfremden Zugriffen.
  13. Pflegeversicherung: Forderung nach Weiterentwicklung von Qualitätssicherungsverfahren sowie der Pflegetransparenzvereinbarung, Änderung der Bewertungsmodalitäten von Pflegeeinrichtungen, Überarbeitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, Stärkung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), Erhöhung der Ausbildungskapazitäten für Pflegeberufe, Weiterentwicklung und Öffnung des Aus- und Weiterbildungssystems.

Von den verschiedenen Leistungserbringer-Gruppen sowie der Industrie werden zahlreiche Forderungen des Spitzenverbands naturgemäß kritisch beurteilt, insbesondere vor dem Hintergrund der ausgesprochen guten aktuellen Finanzlage der Kassen. Kritiker werfen dem Spitzenverband vor, den eigenen Machtausbau in den Mittelpunkt zu stellen und sich eigenen Reformanstrengungen zu verweigern.