Seite wählen

Eine im Zuge der Gesundheitsreform verkündete Meldung zu sinkenden Beiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat nur kurz für Aufatmen der Versicherten gesorgt, denn parallel dazu sorgten Expertenmeinungen zu den schrumpfenden Rücklagen und der fehlenden Nachhaltigkeit des eingerichteten Gesundheitsfonds für neue Unruhe. Abschließend wurde dann klargestellt, dass die Versicherten neben dem Grundbeitrag, der nun tatsächlich von 15,5 Prozent auf 14,6 Prozent sinkt, einen einkommenabhängigen Zusatzbeitrag werden entrichten müssen. Spekulationen entstanden konsquenterweise dann über die Höhe. Nun hat sich der Schätzerkreis, der von dem Bundes­versicherungsamt, der GKV und dem Bundesgesundheits­ministerium vertreten wird, zu den Spekulationen geäußert. Nach dessen Einschätzung wird sich der Zusatzbeitrag auf durchschnittlich 0,9 Prozent belaufen. Dies entspricht betragsmäßig etwa 11 Mrd. Euro. Abweichungen bei der Höhe des Zusatzbeitrages nach oben oder unten sollen die Kassen selbst bestimmen können. Dies ist gesundheitspolitisch durchaus gewollt. Der Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Kassen soll angekurbelt werden. Variable Zusatzbeiträge sind dafür ein geeignetes Mittel.

Zunächst richtet sich der letztlich von den Kassen festgesetzte Zusatzbeitrag natürlich nach der individuellen Finanzsituation der Kasse und danach, ob sie bestehende Reserven im Sinne der versicherten Mitglieder nutzt .Da nicht zu verleugnen ist, dass die Kosten im Gesundheitssystem in den nächsten Jahren weiter steigen werden, ist schon jetzt zu vermuten, dass die Zusatzbeiträge ebenfalls weiter steigen werden und die zunächst angekündigten 0,9 Prozent wohl nur eine Einstiegsgröße sind.

In Hinblick auf die angekündigte Beitragssenkung sind die Meldungen ernüchternd. Die zahlenmäßige Senkung wird von dem zu erwartenden Zusatzbeitrag praktisch aufgezehrt, sodass sie für den Versicherten betragsmäßig nicht wesentlich spürbar ist. Allerdings haben 20 Kassen geäußert trotz des Zusatzbeitrages günstiger zu werden. Trotz der beachtliche Reserven der DAK Gesundheit, wird vermutet, dass hier ein überdurchschnittlicher Zusatzbeitrag Anwendung finden wird. Anders sieht es bei etwa bei der Techniker Krankenkasse und der Barmer GEK aus. Sie sorgten zwar im Sommer mit besonders hohen Defiziten für Aufsehen, werden sich aber vermutlich knapp unterhalb des durchschnittlichen Zusatzbeitrags bewegen.

Die Meldung des Schätzerkreises wirft daher verschiedene Fragen auf: Welche Kassen werden sich im Laufe des Jahres 2015 als besonders günstig und welche als besonders teuer erweisen? Der Versicherte sollte bei der Wahl seiner Krankenkasse nicht allein auf den reinen Zahlenwert, sondern unbedingt auch auf die angebotenen Leistungen achten. Sofern die Kassen sich dem Wettbewerb stellen, könnten sich eine Art Qualitätskassen für die Besserverdienenden und eine Art Sozialkasse für die einkommensschwächeren Versicherten entwickeln. Sagt die Kasse des Versicherten in Zukunft etwas über dessen sozialen Status aus? Wird sich eine „Premiumkasse“ innerhalb der GKV entwickeln und sogar zur ernsthaften Konkurrenz der PKV aufsteigen? Welche Leistungspakete werden die Kassen anbieten, um für die Versicherten attraktiv zu sein? Dabei müssen die Kassen einerseits die Bedürfnisse der jüngeren Mitglieder und andererseits die der älteren berücksichtigen, wobei letztere angesichts des unbestrittenen demografischen Wandels und der Zunahme der alterstypischen Erkrankungen mehr Bedeutung gewinnen werden.