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Konjunktureller Abschwung, sinkendes Geschäftsklima oder Auftragsflaute sind nur einige Schlagworte, die zuletzt wieder vermehrt durch die Tagespresse kursieren. Auffällig ist dabei, dass diese Begriffe immer häufiger im Zusammenhang mit der deutschen Wirtschaft gebracht werden. Zwar hat sich die deutsche Wirtschaft bis zuletzt als robust erwiesen, doch die Anzeichen einer Konjunkturabkühlung mehren sich auch hierzulande.

Die am Dienstag vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Konjunkturzahlen weisen zwar immer noch ein Wachstum der deutschen Wirtschaft aus, doch ist dieses rückläufig: Das Bruttoinlandsprodukt kletterte von April bis Juni um 0,3 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal – zu Jahresbeginn waren es noch 0,5 Prozent. Auch für die zweite Jahreshälfte wird nur noch mit einem kleinen Wachstum gerechnet.

Der Großteil der deutschen Unternehmen zeigt sich bislang noch stabil, doch häufen sich langsam die Hiobsbotschaften aus den Konzernzentralen: Der Essener Stahlgigant ThyssenKrupp hat bspw. seit Anfang August in seinen Standorten in Dortmund, Duisburg und Bochum auf Kurzarbeit umgestellt. Ebenso vermeldete Siemens einen deutlich rückläufigen Auftragseingang; das Ludwigshafener Chemieunternehmen BASF verzeichnete ebenfalls Umsatzrückgänge in einigen Sparten.

Doch wie wirken sich die Dauerschuldenkrise Europas und die eingetrübte Wirtschaftslage in Deutschland auf die Gesundheitsbranche aus? Zunächst einmal lässt sich festhalten, dass sich die Lage der Sozialkassen infolge des Beschäftigungsaufschwungs der vergangenen Jahre entspannt hat. Wenn alles gut geht, wachsen die Reserven der Kassen bis Ende 2012 um etwas mehr als 2 Mrd. Euro auf dann 12 Mrd. Euro. Im Gesundheitsfonds steigt die Liquiditätsreserve um etwas mehr als 1 Mrd. auf 11 Mrd. Euro. Alles in allem wird es Ende 2012 rund 23 Mrd. Euro Reserven geben. Dennoch mahnen Experten, dass die Überschüsse nicht von Dauer sind. Statt Prämien drohen in der zweiten Hälfte 2013 sogar wieder Zusatzbeiträge. Da sich aber derzeit der Arbeitsmarkt als Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft erwiesen hat, werden alle Sozialkassen zusammen – also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung – in diesem Jahr einen Überschuss erzielen.

Anders könnte sich die Situation bei den Herstellern, z.B. in der exportabhängigen Medizintechnikbranche, entwickeln. Denn bettet man deren Geschäftstätigkeit in den europäischen Wirtschaftskontext ein, so fällt auf, dass Deutschland zwar verglichen mit anderen Euro-Länder gut dasteht, aber andere Länder zu schwächeln beginnen: In Italien brach das Bruttoinlandsprodukt um 0,7 Prozent ein, in Belgien um 0,6 Prozent und in Spanien um 0,4 Prozent. In der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft Frankreich stagnierte die Wirtschaftsentwicklung bereits im dritten Quartal in Folge. Die Auswirkungen für deutsche Hersteller? Brechen bei den Handelspartnern die Aufträge ein, bekommen es insbesondere die deutschen Unternehmen zu spüren, die ihre Produkte in die europäischen Krisenländer exportieren. Geringere Produktionsauslastung, Umsatzrückgänge, sinkende Investitionen sind die Folgen.

Dies zeigt auch ein Beispiel aus der Pharmabranche: Der deutschen Biotest AG machen die Geschäfte im Krisenland Griechenland zu schaffen. Durch den Zwangsumtausch griechischer Anleihen wurde das Ergebnis im ersten Halbjahr mit 1,1 Millionen Euro belastet. Der Anbieter von pharmazeutischen und biotherapeutischen Arzneimitteln sitzt auf offenen Forderungen gegenüber griechischen Krankenhäusern im Umfang von 7,4 Millionen Euro. Seit Juli liefert Biotest nicht mehr in das Land – ausgenommen ist die Versorgung von Notfallpatienten.

Es lässt sich festhalten, dass das deutsche Gesundheitssystem vor allem aufgrund der Lage der Sozialkassen gut aufgestellt ist. Ein wirtschaftlicher Abschwung macht sich aufgrund der Kopplung an den Arbeitsmarkt und die lohnabhängige Finanzierung erst mit einer zeitlichen Verzögerung bemerkbar. Jedoch können sich die Hersteller der Gesundheitsbranche nicht von der Rezession in der Euro-Zone abkoppeln. Hierbei kommt der Suche nach alternativen Absatzmärkten außerhalb der Euro-Zone eine steigende Bedeutung zu. Eine Frage in diesem Zusammenhang könnte lauten: Welche Länder verfügen über eine wachsende und stabile Wirtschaft und bieten sich dank einer steigenden Nachfrage nach Gesundheitsprodukten als Handelspartner an?