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Noch sitzt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) auf Reserven in Milliardenhöhe, so dass Anfang 2015  sogar die allgemeinen Beitragssätze zur Krankenversicherung gesenkt werden konnten, schon prognostizieren Ökonomen und Politiker ein rasantes Ansteigen der Beitragssätze im kommenden Jahr. Erst kürzlich äußerte sich der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem gegenüber der „Bild“, dass er mit einem Anstieg des Beitragssatzes um 0,3 Prozentpunkte rechne. Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink geht sogar noch weiter und prognostiziert, dass bei dem derzeitigen Ausgabenanstieg monatliche Zusatzkosten von bis zu 50 Euro auf die Versicherten zukommen könnten. Schon im kommenden Jahr könnten die Kassen die steigenden Kosten nicht mehr auffangen. Neben den Kostentreibern Arzneimittel, Arzthonorare und Klinikleistungen seien dafür die geplante Klinikreform und das Versorgungsstärkungsgesetz verantwortlich.

In den ersten drei Quartalen 2014 konnte die Sozialversicherung in Deutschland zwar insgesamt das Minus durch steigende Einnahmen verringern, entgegen dem Trend verzeichnete die GKV allerdings ein schlechteres Ergebnis als noch 2013. Das Minus nahm von ursprünglich 1,1 Mrd. Euro auf nun fünf Mrd. Euro zu. Die Ausgaben stiegen, vorwiegend durch freiwillige Leistungen der Kassen und Prämienzahlungen, um fünf Prozent auf 155,1 Mrd. Euro an. Im gleichen Zeitraum stiegen die Einnahmen lediglich um drei Prozent auf 150,1 Mrd. Euro. Dazu trug auch die Senkung des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds bei. Es zeigt sich: Die Schere geht immer weiter auseinander.

Laut Berechnungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) für das „Handelsblatt“ werden die Kassen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bis Ende 2016 mehr als sechs Mrd. Euro mehr ausgeben, als sie einnehmen. Gegenüber dem „Handelsblatt“ prognostizierte IfW-Finanzexperte Alfred Boss:“Die kräftig steigenden Löhne treiben zwar die Beitragseinnahmen weiter in die Höhe. Doch reicht dieser Einnahmeschub nicht aus, um die höheren Ausgaben zu decken.“ Ulrike Elsner, Chefin des Ersatzkassenverbands, richtete sich mit ihrer Forderung, die Reserven des Gesundheitsfonds an die Kassen auszuschütten, direkt an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Damit sollen höhere Zusatzbeiträge vermieden werden. Ohne die Reserven des Fonds könnten die durchschnittlichen Zusatzbeiträge im Jahr 2018 von derzeit 0,9 auf 1,7 Prozent steigen. Durch diese Meldung alarmiert, forderten bereits zahlreiche Krankenkassen ein Einschreiten des Gesetzgebers. So forderte beispielsweise Franz Knieps, Vorstandschef des Verbands der Betriebskrankenkassen, die Bundesregierung auf, den von Arbeitgebern und Versicherten zu gleichen Teilen zu zahlenden allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent zu erhöhen, um die steigenden Kosten aufzufangen. Gegenüber dem „Handelsblatt“ erklärte er: „Nur über die allein von den Versicherten zu tragenden Zusatzbeiträge können die – politisch ja so gewollten – Zuwachsraten bei den Kosten für medizinische Versorgung nicht gestemmt werden.“ Um Unternehmen zu entlasten, wurde der allgemeine Beitrag per Gesetz bei 14,6 Prozent eingefroren. Müssen Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben, sind diese allein vom Arbeitnehmer zu tragen.

Die einseitige Belastung der Arbeitnehmer stand schon häufiger zur Disposition. Noch ist unklar, ob dieses Vorgehen bei stark steigenden Beitragssätzen beibehalten werden kann. Der Sozialverband VdK hat die Bundesregierung bereits aufgefordert, höhere Zusatzbeiträge für die Versicherten abzuwenden. VdK-Präsidentin Ulrike Mascher erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: „Es darf nicht sein, dass durch die Zusatzbeiträge die steigenden Ausgaben allein und ungebremst zulasten der Versicherten gehen.“ Stattdessen sollen die Gesundheitsausgaben durch eine paritätische Beteiligung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie Steuerzuschüssen finanziert werden. Gesundheit müsse für alle bezahlbar bleiben, so Mascher.