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Die Ausgaben für Arzneimittel zählen zu den größten Posten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), kein Wunder also, dass die Kassen bestrebt sind, die Kosten zu kontrollieren. Dies ist auch im Sinne der Versicherten, da steigende Ausgaben auch höhere Beiträge zur Krankenversicherung bedeuten. Ein Instrument, die Kosten für Arzneimittel bei gleichbleibender Versorgungsqualität zu begrenzen, sind Festbeträge. Dabei legen Kassen je Medikament fest, welchen Betrag sie maximal erstatten. Ist der Verkaufspreis höher als dieser Festbetrag, tragen in der Regel die Patienten die Differenz selbst oder erhalten ein anderes, gleichwertiges Arzneimittel.

Patienten mussten über 100 Mio. Euro aus eigener Tasche zahlen

Pharmahersteller sind wie zu erwarten nicht begeistert von dieser Art von Preisbremse, zumal die Festbeträge kontinuierlich gesenkt werden. Das geht inzwischen sogar so weit, dass viele Hersteller diesem Preisdruck nicht weiter nachgeben, und darauf verzichten, ihre Preise auf oder sogar unter Festbetragsniveau zu senken. Damit nimmt die Zahl der Arzneimittel, für die private Zuzahlungen fällig sind, zu. Das Marktforschungsinstitut IMS Health kommt in einer aktuellen Analyse zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2014 für 6,1 Prozent aller abgegebenen Packungen Zuzahlungen geleistet werden mussten. Ein Jahr zuvor lag der Anteil noch bei 4,1 Prozent. Insgesamt mussten die Patienten 2014 rund 115 Mio. Euro aus eigener Tasche leisten. Dieser Betrag liegt sogar 22 Prozent über dem Vorjahreswert.

IMS Health kommt weiterhin zu dem Schluss, dass die Aufzahlungen insbesondere für nicht mehr patentgeschützte Präparate (Alt-Originale) und Generika anfallen. Rund 55 Prozent der Aufzahlungen entfallen auf diesen Bereich. Insgesamt wurden laut IMS im Festbetragsmarkt 2014 rund 12,4 Milliarden Euro zu Apothekenverkaufspreisen umgesetzt, was einem Zuwachs von 0,4 Prozent entspricht. Der Anteil der aufzahlungspflichtigen Produkte daran betrug fünf Prozent.

Die Festlegung der Festbeträge erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Zunächst bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge beschlossen werden können. Innerhalb dieser Gruppen werden Arzneimittel mit denselben oder vergleichbaren Wirkstoffen sowie mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung zusammengefasst. Anschließend setzt der GKV-Spitzenverband für jede dieser Festbetragsgruppen einen Betrag fest. Neue, patentgeschützte Arzneimittel, die einen nachweislichen Zusatznutzen aufweisen, sind von dieser Regelung ausgenommen. Verordnet der Arzt nun ein Arzneimittel zu Lasten der GKV, welches teurer als der Festbetrag ist, muss der Patient die Differenz, zusätzlich zur gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von zehn Prozent des Arzneimittelpreises, aus eigener Tasche zahlen. Diese Pflicht besteht auch bei einer Befreiung von der Zuzahlungspflicht. Der Arzt ist verpflichtet, den Patienten im Vorfeld darüber zu informieren.

So wenige zuzahlungsbefreite Arzneimittel wie nie zuvor

Prinzipiell ist es verständlich und vor allem richtig, dass die Kassen nicht jeden Preis für Arzneimittel zahlen, den die Hersteller festlegen. Die immer weiteren Absenkungen führen jedoch zu einem Kellertreppeneffekt, so dass inzwischen immer weniger zuzahlungsbefreite Arzneimittel auf dem Markt sind. Seit der letzten Festbetragsabsenkung im Juli 2014 stehen so wenige zuzahlungsbefreite Arzneimittel wie noch nie zuvor zur Verfügung. Seitdem sind nur noch 3.009 Arzneimittel von der Zuzahlung, die zwischen fünf und zehn Euro beträgt, befreit – das sind im Vergleich zum 1. Juni 2014 2.592 zuzahlungsbefreite Arzneimittel weniger. Insbesondere millionenfach verordnete Medikamente wie Candesartan und Valsartan (Bluthochdruck, Herzinsuffizienz), Pantoprazol und Omeprazol (Magengeschwüre/ Sodbrennen) sind nunmehr von der Festbetragsabsenkung betroffen. Für Generikaunternehmen, die ohnehin einem besonderen Preis- und Rabattdruck ausgesetzt sind, ist dies ein existenzielles Problem und es ist ihnen nicht möglich, zugunsten der Patienten ihre Preise weiter abzusenken.