Seite wählen

Zum 1. Januar 2015 wurden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 15,5 auf 14,6 Prozent gesenkt. Zusätzlich können Krankenkassen ab sofort einen individuellen, einkommensabhängigen Zusatzbeitrag erheben. Aus Wettbewerbsgründen oder aufgrund einer guten Finanzlage liegt dieser im Schnitt bei 0,8 Prozent, womit die Beiträge zur GKV für einen Großteil der Versicherten um 0,1 Prozent gesunken sind. Als Folge müssen die Kassen mit weniger Mitteln auskommen und daher in Zukunft auf der Ausgabenseite verstärkt den Rotstift ansetzen, sofern sie nicht in finanzielle Schieflage geraten wollen.

Ein mögliches Instrument zur Kosteneinsparung, welches bereits seit 2003 angewendet wird, ist die Vereinbarung von Rabattverträgen mit Pharmaherstellern für bestimmte Arzneimittel. Liegt ein solcher vor, sind Apotheker verpflichtet, gegen ein eingereichtes Rezept ein wirkstoffgleiches Präparat auszuhändigen, für welches die Krankenkasse des Patienten einen Vertrag abgeschlossen hat. In der Regel werden Rabattverträge für Generika abgeschlossen, mittlerweile aber auch in Einzelfällen für Originalpräparate. Es stellt sich die Frage, ob Krankenkassen angesichts sinkender Beiträge dazu übergehen werden, vermehrt Rabattverträge für weitere Wirkstoffe auszuschreiben. Allein bei der AOK starteten am 1. Oktober 2014 neue Arzneimittel-Rabattverträge für insgesamt 57 Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen. Die Verträge mit insgesamt 27 Pharmaunternehmen laufen bis Ende September 2016 und decken ein Umsatzvolumen von bundesweit ca. 1,1 Mrd. Euro ab. Die AOK gibt an, durch Rabattverträge zwischen 2007 und 2012 knapp 2,6 Mrd. Euro für Arzneimittel eingespart zu haben. Laut AOK liegt der Preisnachlass im Durchschnitt bei rund 23 Prozent des Apothekenverkaufspreises und rund 35 Prozent unter dem Herstellerabgabepreis. In Einzelfällen ist ein Nachlass von bis zu 90 Prozent möglich. Laut Bundesgesundheitsministerium wären die Ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel ohne Rabattverträge fast doppelt so stark gestiegen. Allein im Jahr 2013 haben alle Kassen zusammen rund 2,8 Mrd. eingespart.

Apotheker sehen Rabattverträge allerdings kritisch, denn diese erzeugen einen erheblichen Mehraufwand, beispielsweise durch einen erhöhten Beratungsbedarf. Dieser wird seitens der Krankenkassen nicht vergütet, ebenso wenig wie dadurch bedingter zusätzlicher Personalbedarf oder die aufwendige Recherche nach lieferfähigen Großhändlern. Ein weiterer Kritikpunkt sind gelegentlich auftretende Lieferschwierigkeiten der rabattierten Arzneimittel. In diesem Fall dürfen Apotheker allerdings ein vergleichbares Produkt herausgeben, dies ist jedoch mit umfangreichen Dokumentationspflichten verbunden. Treten hierbei Formfehler auf, kann als Konsequenz eine Retaxation drohen. In diesem Fall erstattet die Kasse den Apotheken nicht den vollen Preis für ein herausgegebenes Arzneimittel, in Einzelfällen wird die Zahlung sogar komplett verweigert. Auch bei einer Nichtbeachtung der Rabattverträge drohen Sanktionen. In diesen Fällen können die Kassen den Apothekern entgangene Einsparungen in Rechnung stellen. Apotheker beklagen, dass durch den steigenden bürokratischen Aufwand eine wichtige Funktion ihres Berufes ins Hintertreffen gerät, nämlich die ausführliche und individuelle Beratung der Kunden. Berufsverbände mahnen daher, dass Kosteneinsparung im Gesundheitswesen kein Selbstzweck sein dürfe und Rabattverträge daher gewissen Anforderungen genügen müssen, wie beispielsweise einer Laufzeit von mindestens zwei Jahren. Damit soll neben übermäßiger Bürokratiebelastung vermieden werden, dass Patienten sich zu häufig auf neue Arzneimittel einstellen müssen. Darüber hinaus dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es noch weitere Steuerungsinstrumente zur Kostenkontrolle im Arzneimittelsektor gebe. Beispielsweise könnten mit einer Nutzenbewertung auch für ältere Arzneimittel und einer daran anknüpfenden umfassenden Festpreisregelung ebenfalls Ausgaben eingespart werden. Dafür muss die Politik allerdings mit einer einflussreichen Pharmalobby an den Verhandlungstisch treten, wodurch letztendlich eine verwässerte Regelung möglich wäre.