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Ein Modellprojekt zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Rheinland-Pfalz wird um sechs Monate verlängert, dies gaben die  Partner des Projekts bekannt. Das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium, die Techniker Krankenkasse Rheinland-Pfalz, die Landesapothekerkammer sowie die Universitätsmedizin Mainz, wollen damit die Versorgung von derzeit rund 400 Patienten überbrücken, bis ein bundesweites System implementiert ist.

Übergangslösung bis September

Das Projekt zur „Vernetzten Arzneimitteltherapiesicherheit mit Unterstützung eines elektronischen Medikationsplans in Rheinland-Pfalz“ wird nun bis September 2016 fortgesetzt. Erste Ergebnisse des Zwischenberichts seien bereits erfolgversprechend. Demnach bestätigte die Mehrheit der teilnehmenden Patienten, der Medikationsplan und die verbesserte Aufklärung zur Vermeidung von Fehlanwendungen bei Arzneimitteln erhöhe die Patientensicherheit. Ärzte und Apotheker hoben die bessere Kooperation bei der Patientenversorgung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung hervor.

Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthaler erklärt: „Das Ministerium unterstützt die Verlängerung des Projektes mit knapp 70.000 Euro. Die gewonnene Zeit kommt nicht nur den Patientinnen und Patienten zugute, die von der engen Begleitung durch die Unimedizin, die niedergelassenen Ärzte und die beteiligten Apotheken profitieren. Sie liefert auch den Projektpartnern wertvolle Daten und Erkenntnisse in der Erprobung des elektronischen Medikationsplanes.“

Derzeit erhalten Patienten bei Entlassung aus der Klinik durch eine der fünf teilnehmenden Krankenhausapotheken einen Medikationsplan. Anschließend werden sie über sechs Monate von 445 Hausärzten und Stammapotheken betreut. Bislang wurden mehr als 1.200 Medikationspläne mit über 12.600 dokumentierten Arzneimitteln im ambulanten und stationären Sektor erstellt. Ab Oktober soll bundesweit Patienten mit drei und mehr Arzneimitteln in der Dauertherapie ein Medikationsplan in gedruckter Form, ab 2018 in elektronischer Form zu Verfügung stehen.

G-BA: Medikationsplan kann Ausgaben senken

Auch außerhalb von Rheinland-Pfalz zeigen sich Erfolge in Sachen Medikationsplan. Bei einem Vernetzungsprojekt des Medi Verbunds  in Heilbronn nehmen mehrere tausend Versicherte der AOK Baden-Württemberg und der BKK Audi teil, wie die „Ärztezeitung“ berichtet. Dieses integrierte im Oktober vergangenen Jahres einen Medikationsplan. Werner Baumgärtner, Vorstandschef von Medi Baden-Württemberg, erklärt: „Vernetzte Praxen verbesserten die Zusammenarbeit von Haus- und Fachärzten und sind attraktiver für den ärztlichen Nachwuchs.“

Die Arzneimitteltherapiesicherheit genießt auch beim Innovationsfonds höchste Priorität. Der Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Josef Hecken, sieht durch den Medikationsplan deutliches Sparpotenzial. Da in Deutschland schätzungsweise fünf Prozent aller Krankenhauseinweisungen auf unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE) zurückgeführt werden könnten, könnte die Vermeidung dieser Fälle Einweisungen verhindern und damit Ausgaben für die Krankenhausbehandlung senken. Experten rechnen damit, dass bei korrekter Anwendung des Medikationsplans bis zu 25 Prozent der Einweisungen aufgrund von UAE vermieden werden können.

Es wäre unbestreitbar fahrlässig, diese Möglichkeit zur Verbesserung der Behandlung und Kostensenkung nicht zu nutzen. Ein bundesweit einheitliches System bietet beste Voraussetzungen, alle Patienten in jeder Stufe der Versorgung anzusprechen. Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist dafür das Mittel der Wahl, wenn auch nicht unumstritten. Die Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit sind keineswegs paranoid. Gesundheitsdaten rücken mehr und mehr ins Visier von Cyberkriminellen. Doch auch abseits krimineller Absichten bleibt ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, die Daten über die eingenommenen Medikamente könnten in falsche Hände geraten. Das müssen nicht zwangsläufig Hacker sein, auch Arbeitgeber oder Versicherungsgesellschaften hätten unter Umständen ein gewisses Interesse zu erfahren, ob ein Bewerber oder Antragssteller beispielsweise Antidepressiva, Antidiabetika oder sonstige Arzneimittel gegen chronische Erkrankungen einnimmt.

Bis dahin haben die beteiligten Unternehmen allerdings noch eine ganze Weile Zeit, um ein Konzept für die Datensicherheit vorzulegen. Patienten dürfen sich dafür schon ab September über mehr Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie freuen.