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Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist vielen Pharmaunternehmen eher ein Dorn im Auge, ihre Wirksamkeit wird angezweifelt und als Konkurrenz zu den synthetisch hergestellten Arzneien betrachtet. Aber die traditionsreiche Heilkunde, zu der therapeutische Verfahren wie die pflanzliche Arzneitherapie oder die Akupunktur zählen, erfreut sich weltweit einer wachsenden Popularität: Vor allem in Japan, den USA und Afrika ist die Nachfrage nach Naturheilverfahren gestiegen. Für die Branche wird weltweit bis 2015 ein zweistelliges Wachstum auf rund 90 Mrd. Dollar prognostiziert. Angesichts hoher Forschungs- und Entwicklungskosten in der Pharmabranche untersuchen daher immer mehr Institute und Konzerne, ob in den geheimnisvollen Essenzen nicht doch Heilkraft steckt.

Nun setzt der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé mit der Gründung eines Joint Ventures ein Ausrufezeichen und steigt in die Traditionelle Chinesische Medizin ein. Über seine Gesundheitssparte Nestlé Health Science wollen die Schweizer mit der chinesischen Gesundheits-Gruppe Chi-Med ein 50/50-Joint Venture gründen. Das Gemeinschaftsunternehmen mit Namen Nutrition Science Partners Limited (NSP) soll sich um Medizin und Nahrung mit pflanzlichen Wirkstoffen kümmern.  

Der Fokus soll zunächst auf der Entwicklung von Medikamenten gegen Magen-Darm-Beschwerden liegen. In Zukunft will man auch Arzneimittel für Stoffwechselstörungen und neurologische Krankheiten wie Alzheimer herstellen. Wie viel Nestlé  investiert, um sich in das Know-how von Chi-Med einzukaufen, will der Konzern nicht bekannt geben. Sicher ist dagegen, dass Nestlé Zugriff auf die umfassende botanische Bibliothek von Chi-Med, in der über 50.000 pflanzliche Extrakte und 1200 verschiedene Heilpflanzen aufgelistet sind.

Im Zuge der Unternehmung setzt Nestlé, das erst vor zwei Jahren mit der Gründung der Tochterfirma Nestle Health Science in den Geschäftsbereich zwischen Nahrung und Pharma vorgestoßen ist, auf einen weiteren Trend: Die rasante Entwicklung des chinesischen Gesundheitsmarktes. Denn Nutrition Science Partners Limited könnte ebenfalls wie bereits Chi-Med (Umsatz 2011: 39 Mrd. Euro) von den vermehrten Staatsausgaben im chinesischen Gesundheitswesen profitieren. Diese haben sich im Zeitraum von 2001 bis 2010 verzehnfacht.