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Die beiden Krankenversicherungssysteme in Deutschland stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Dies behaupten nicht zuletzt auch die Vertreter beider Lager, natürlich nur, wenn sie auf die Zukunftsfähigkeit des jeweiligen anderen Systems angesprochen werden.

So wird als Problem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) immer wieder angeführt, dass das zunehmende Durchschnittsalter der Deutschen mittelfristig zu einer Unterdeckung führen wird. Die Herausforderung der privaten Kassen bestünde dagegen in der mangelnden Planungssicherheit. Denn die Höhe der Verzinsung des Anlagevermögens der Versicherten lässt sich schlecht vorhersagen. Hier kommt hinzu, dass einzelne Anbieter im Markt bereits jetzt Einbrüche bei ihren Rücklagen verursacht haben.

Derzeit lässt sich beobachten, dass die politischen Diskussionen um eine Neuausrichtung des Versicherungsmarktes zugenommen haben. In diesem Zusammenhang hat die Unternehmensberatung McKinsey in einem Zeitungsartikel der „Welt“ für eine Neuordnung des deutschen Krankenversicherungssystems plädiert. Der Leiter des Bereiches Gesundheitswesen bei McKinsey, Axel Baur, erläuterte seine Visionen und forderte dabei ein Fortbestehen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese sollten nach dem Vorbild anderer Länder wie bspw. in der Schweiz oder Niederlande nebeneinander bestehen. Dabei sei ein gemeinsames System mit einer verpflichtenden Grundversorgung über die gesetzlichen Kassen und Zusatzleistungen über die privaten Kassen aus Sicht der Berater sinnvoll.

Eine Zusammenlegung beider Systeme würde den Wettbewerb auf Seiten der Kassen und der Mitglieder sogar stärken. Dieser Wettbewerb könnte in einem gemeinsamen Rahmen nach dem Vorbild des niederländischen Versicherungssystems geregelt werden. Dort gibt es seit der Neuordnung vor ein paar Jahren einen einheitlichen Versicherungsmarkt, auf dem private und gesetzliche Anbieter gemeinsam agieren. Beide dürfen sowohl Basis- als auch Zusatzversicherungen anbieten.

In den Niederlanden hat die Regierung bestimmte medizinische Leistungen zu einem Mindest-Paket zusammengefasst. Hierzu zählen bspw. ärztliche Betreuung durch praktischen Arzt und Fachärzte oder die Kostenerstattung für verschiedene medizinische Gerätschaften. Jede Versicherungsanstalt ist verpflichtet, zumindest diese Dienste anzubieten und darf auch niemanden, der ein solches Versicherungs-Paket erwerben möchte, zurückweisen. Zusätzlich hierzu können weitere Versicherungen abgeschlossen werden. Hier bestimmen jedoch die privaten Versicherungsdienstleister den Preis und haben das Recht, jemanden abzulehnen. Sowohl für die Grund- als auch für die Zusatzversorgung kann man zwischen verschiedenen Versicherungsanbietern wählen. Seit 2006 wird kein Unterschied mehr zwischen Krankenkassen und privaten Versicherungsunternehmen gemacht.

Eine Entscheidung für ein solches Modell in Deutschland müsste dann implizieren, welche Leistungen zur Grundversorgung und welche als Zusatzleistungen den Wunsch des Versicherten nach mehr Komfort oder Sonderleistungen abdecken. Dies dürfte dann weitere politischen Diskussionen über die Krankenversicherung nach sich ziehen…