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Die Gesundheitsreform von US-Präsident Obama gilt als das größte innenpolitische Projekt in den USA. Die meist diskutierte Veränderung dabei ist die Einführung einer allgemeinen Versicherungspflicht. Rund 32 Millionen bisher unversicherte Bürger sollen im Zuge von Obamacare eine Krankenversicherung erhalten. Am Ende sollen 95 Prozent der US-Bürger versichert sein.

Aber die Gesundheitsreform hat auch einen grundlegenden Wandel von krankheitsbezogener zu gesundheitsbezogener medizinischer Versorgung angestoßen. Hauptanliegen des weltweit mit Abstand teuersten Gesundheitssystems besteht in der Verbesserung der medizinischen Versorgung und der Reduzierung der Kosten durch eine bessere Koordination der Leistungserbringer.

Seit kurzem können sich unter dem Grundverständnis von Managed-Care-Modellen sogenannte ACO (Accountable Care Organizations) bilden, welche für die Erhaltung der Gesundheit einer bestimmten Patientengruppe zuständig sind. Finanziert wird dies durch eine Pro-Kopf-Pauschale, mit der die ACOs haushalten müssen. Für die teilnehmenden Leistungserbringer besteht der Anreiz darin, die Personen so lange wie möglich gesund zu halten, um die Kosten gering zu halten. So bekommen bspw. Ärzte und Nurse Practitioners häufig Bonuszahlungen, wenn sie möglichst wenig Patienten zu Spezialärzten oder in Krankenhäuser überweisen.

Da die meisten privaten Versicherungsunternehmen (wie Aetna, Cigna, Humana, UnitedHealth Group oder CareFirst) diese Programme anbieten, werden inzwischen rund 40 Mio. US-Bürger auf diese Weise versorgt. Mit Erfolg, wie nun CareFirst berichtete. Das private Versicherungsunternehmen versorgt einen Drittel seiner 3,4 Mio. Mitglieder im Bundesstaat Maryland in Rahmen eines derartigen Programms mit dem Namen „Patient Centered Medical Home“. Indem die Versicherungsausgaben an gewisse Qualitäts- und Erfolgskriterien der Leistungserbringer geknüpft werden, habe das Unternehmen im zweiten Jahr des Projektes bereits 98 Mio. Dollar gespart. Vor einem Jahr lag die Einsparung der US-Versicherung bei 38 Mio. Dollar. Damit sehen sich Befürworter dieser innovativen Versorgungsprojekte darin bestätigt, einen wichtigen Beitrag zur Kosteneinsparung im US-Gesundheitswesen und zur Entlastung des staatlichen Vorsorgeprogramms Medicare zu leisten, das US-Bürger über 65 Jahre versichert.

Dabei funktioniert das CareFirst-Programm, wie auch andere ACOs, nach dem Prinzip der Belohnung. Führt bspw. das Medikationsmanagement eines Arztes zu weniger unerwünschten Wechselwirkungen beim Patienten oder erfüllt ein Arzt vorgegebene Qualitätskriterien, wie etwa regelmäßige Augen-Checks bei Diabetikern, wird dieser finanziell belohnt. Für das Versicherungsunternehmen scheint dieses Investment lohnenswert, auch wenn solche Zahlungen sich im Vergleich zum Vorjahr bei CareFirst um ein Drittel erhöht haben. Denn auf diese Weise lassen sich spätere kostenintensivere Facharztbesuche oder Krankenhauseinweisungen vermeiden.

Dieses Versorgungsmodell scheint in den USA eine funktionierende Alternative zu dem derzeitigen Fee-for-service-Modell darzustellen. Vor allem wenn man bedenkt, dass künftig eine Vielzahl von US-Versicherungsnehmern, die ebenso wie viele Leistungserbringer im derzeitigen System keinen Anreiz zu Sparsamkeit haben, hinzukommen wird.