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Ende März hatte das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf zur Reform der Pflegeversicherung verabschiedet. Ab dem kommenden Jahr sind Leistungsverbesserungen vor allem für die Pflege von Demenzkranken und für pflegende Angehörige vorgesehen. Nach dem Entwurf sollen Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, die zu Hause leben, weitere Leistungen in den Pflegestufen 0 bis 2 erhalten. Diese können nun erstmals von einem ambulanten Pflegedienst auch grundpflegerische Leistungen abrufen. Auch das Pflegegeld für pflegende Angehörige von Demenzkranken soll etwa um ein Drittel gegenüber den Standardsätzen angehoben werden.

Als Reaktion auf die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs sind sich verschiedene Pflegeverbände in ihrer Kritik einig: Der Entwurf ist keine Neuausrichtung, sondern allenfalls ein Zwischenschritt auf dem Weg hin zu einer Weiterentwicklung der Pflegeversicherung. Trotzdem wurde von den Verbänden begrüßt, dass die zusätzlichen Leistungen für den ambulanten Bereich vorgesehen sind und dabei dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ folgen. Im Rahmen der  Erweiterung des ambulanten Leistungsangebotes tritt bspw. neben die Pflegeleistungen Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung die  „häusliche Betreuung“ (§ 36 SGB V). Diese umfasst sonstige Hilfen, Unterstützung und Beaufsichtigung im häuslichen Umfeld durch eine anwesende Person, einschließlich Hilfen zur Orientierung und den Hilfen zur Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte.

Als Verlierer des Entwurfs dürfte sich die stationäre Pflege fühlen. Denn stationäre Pflegeeinrichtungen kommen weder in den Genuss der Mehrleistungen für Demenzerkrankte, noch zum Zuschuss der Bewohner in Wohngemeinschaften.

Doch ungeachtet der Ambulantisierung der Pflege bleibt nach wie vor die unzureichende Finanzierung der Pflegeversicherung. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte dies bereits kurz nach Bekanntwerden von Bahrs Plänen kritisiert. Es sei unverantwortlich, zusätzliche Leistungen anzubieten, ohne sie dauerhaft zu finanzieren. Die Bundesregierung hatte zur Finanzierung der zusätzlichen Leistungen den  Beitragssatz von 1,95 auf 2,05 Prozent angehoben und mit Mehreinnahmen aus der Beitragserhöhung von 1,1 Milliarden Euro jährlich kalkuliert.

Um die Pflegeversicherung demografiefest zu machen, hat das Bundeskabinett nun eine staatliche Förderung einer privaten Pflegezusatzversicherung gebilligt. Betont wird bei dieser Entscheidung, dass unabhängig vom persönlichen Einkommen gesetzlich Pflegeversicherte eine Zulage – von fünf Euro pro Monat bzw. 60 Euro pro Jahr – erhalten. Für die staatliche Förderung sind zunächst 100 Mio. Euro im Bundeshaushalt vorgesehen.

Ob mit der 5-Euro Zulage wirklich das Finanzierungsproblem (die soziale Pflegeversicherung verzeichnet den stärksten Zuwachs unter den Ausgabenträgern) gelöst werden kann, darf bezweifelt werden. Zumal Geringverdiener nicht wirklich einen Anreiz bekommen, eine Zusatzversicherung abzuschließen, die zwischen 20 und 30 Euro im Monat kostet. Freuen dürften sich allerdings die Versicherer, die zwar keinen Ansturm auf  Zusatzversicherungen erwarten werden, aber zumindest ein weiteres Verkaufsargument erhalten haben.